China setzt sich etwas bescheidenere Ziele

Wachstumsvorgabe bei "ungefähr" 6,5 Prozent - Verschuldung soll gezügelt werden - Moderates Defizit

China setzt sich etwas bescheidenere Ziele

Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie chinesische Regierung zeigt für das laufende Jahr einen etwas vorsichtigeren wirtschaftlichen Expansionskurs an, der es erlauben soll, wachsenden Finanzsektorrisiken zu begegnen. Zum Auftakt des jährlich Anfang März abgehaltenen Nationalen Volkskongresses stellte Premierminister Li Keqiang ein leicht modifiziertes offizielles Wachstumsziel in den Raum. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft soll demnach im Jahr 2017 um “ungefähr” 6,5 % expandieren, nachdem man für das vergangene Jahr einen Zielkorridor zwischen 6,5 % und 7 % gewählt hatte. Peking setzt StabilitätssignalDe facto war Chinas seit Jahren latent abkühlende Wirtschaft 2016 um 6,7 % und damit mit der niedrigsten Rate seit 26 Jahren gewachsen. Mit der geringfügigen Neukalibrierung der Wachstumsvorgabe will Peking einerseits ein Stabilitätssignal setzen, sich andererseits aber etwas Spielraum bei der Wirtschaftslenkung verschaffen, um möglichen Rückschlägen etwa im Fall eines Handelskriegs mit den USA Rechnung zu tragen. Das Gros der Analysten geht davon aus, dass die chinesische Wirtschaft abseits heftiger externer Schocks ein geringfügig gedrosseltes Expansionstempo nahe bei 6,5 % einschlagen wird. Li ließ es sich denn auch nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass ein Wachstum von weniger als 6,5 % als Enttäuschung zu gelten habe, und er appellierte an die Nation, auf ein besseres Resultat als die Zielvorgabe zu kommen.Seit dem Herbst hat sich die chinesische Industrieproduktion wie auch die Anlageinvestitionen wieder stabilisiert und wesentlich dazu beigetragen, dass im Schlussquartal 2016 mit 6,8 % ein etwas höheres als das erwartete Wachstum zu Buche stand. Grundsätzlich allerdings rechnen die Experten mit einer Fortsetzung des Abkühlungstrends, wobei die Abdämpfung einer starken Immobilienmarkthausse und das Bekenntnis, die latente Verschuldungsproblematik und die Gefahr von systemischen Finanzsektorrisiken stärker anzugehen, im Vordergrund stehen.Entsprechend hatte Peking bereits im Herbst einen etwas vorsichtigeren monetären Expansionskurs und eine Drosselung des Kreditvergabetempos angedeutet. Dies schlägt sich latent auch im weiteren von Li vorgestellten Zielkatalog nieder. Für die Expansion der Geldmenge M 2 ist der Zielrahmen von 13 % auf 12 % gesenkt worden – was allerdings kein wirklich restriktives Signal bedeutet, da das entsprechende Geldmengenaggregat im Jahr 2016 effektiv nur um 11,3 % zugelegt hat.Das Inflationsziel wird unverändert auf 3 % angesetzt, dürfte aber trotz zuletzt vor allem auf Ebene der Produzentenpreise stark anziehender Teuerung nicht ernsthaft getestet werden. Im Jahr 2016 lag die Konsumpreisinflation bei 2 % und wird 2017 nur geringfügig zunehmen.In Sachen Kreditexpansion gibt die Regierung keine expliziten Zielmarken vor, doch bekräftige der Premier die Bemühungen Pekings, auf die Verschuldungsrelationen einzuwirken. Analysten der UBS erwarten, dass das als Total Social Financing (TSF) bezeichnete Gesamtfinanzierungsvolumen in diesem Jahr schwungvoll um knapp 15 % zulegen wird. Dies erlaube höchstens eine Verringerung der Anstiegsrate der Verschuldungsrelationen, nicht aber einen Rückgang von Verschuldungsquoten. In den knapp zehn Jahren seit der Finanzkrise ist die Gesamtverschuldung Chinas von 125 % auf etwa 260 % des BIP angeschwollen.Fiskalpolitisch deutet die Regierung ebenfalls einen Moderierungskurs an. So wird die Zielmarke für das Budgetdefizit in Höhe von 3 % des BIP unverändert belassen, allerdings hatte das chinesische Defizit im vergangenen Jahr rund 3,8 % des BIP erreicht. Dabei gehen die Experten freilich davon aus, dass die Regierung zumindest im Falle drohender Beschäftigungsverluste bereit ist, das Ausgabentempo kräftig zu forcieren.