China steht vor einer politisch geladenen Woche

Nationaler Volkskongress gibt Einsicht in Entscheidungsmechanismen - Wachstumsziel im Fokus

China steht vor einer politisch geladenen Woche

Von Ernst Herb, HongkongChina war in den vergangenen Monaten im Vergleich zu den USA und Europa ein Hort der Stabilität. Ängste über einen Wachstumseinbruch der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft waren anders als noch Anfang 2016 in den Hintergrund getreten. Auch scheint Präsident Xi Jinping durch das sukzessive Ausschalten seiner gefährlichsten innerparteilichen Rivalen seine Macht gesichert zu haben. Doch sorgen die chinesische Politik und Wirtschaft dieser Tage an den Märkten erneut für erhöhte Volatilität, so etwa wegen des angespannten Verhältnisses zu Nordkorea oder dem nicht auszuschließenden Handelskrieges mit den USA. Vor allem aber treten ab Sonntag in Peking die über 1 000 Abgeordneten des Nationalen Volkskongress (NVK) – das Quasiparlament des Landes – zum alljährlichen Treffen zusammen. Verjüngung oder nicht?Obwohl wichtige Entscheide meist lange im Voraus von der obersten Führung der Kommunistischen Partei gemacht werden, erlaubt der NVK etwas Einblick in die verschlungenen Entscheidungsprozesse des Politbetriebes. Am Kongress könnte es Hinweise auf den erwarteten Generationenwechsel in Teilen der Spitze der Kommunistischen Partei geben. Außer Präsident Xi und Premierminister Li Keqiang erreichen in den kommenden Monaten alle sieben Mitglieder des höchsten Parteigremiums die bisher geltende Altersgrenze von 68 Jahren. Sollte an dem kommenden Herbst abgehaltenen 19. Parteikongress wider Erwarten keine deutliche Verjüngung des ständigen Ausschusses des Politbüros stattfinden, wäre das ein Zeichen, dass Xi nicht wie noch vor kurzem allgemein erwartet in fünf Jahren nach zwei Amtszeiten von der Spitze von Staat und Partei abtreten wird. Mit Spannung wird auch erwartet, welche Personen ins höchste Parteigremium nachrutschen werden. Sollte der sich zunehmend autoritärer gebärdende Xi einzig auf vertraute Weggefährten zurückgreifen, wäre dies ein Zeichen, dass keine politischen Reformen eingeleitet werden. Im Zentrum dürften indes Wirtschaftsthemen stehen. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Eröffnungsrede des Premiers. Sollte Li ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes von deutlich unter 6,5 % projizieren, würde dies bedeuten, dass die Regierung ihre Priorität weg vom Wachstum hin zur Eindämmung von Finanzmarktrisiken verschieben wird.