IM BLICKFELD

China und USA sind noch weit von einem Deal entfernt

Von Julia Wacket, Frankfurt, und Norbert Hellmann, Schanghai Börsen-Zeitung, 9.7.2019 US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping haben die zugeknallte Tür im Handelskonflikt auf dem G20-Gipfel wieder einen Spalt geöffnet - neue Zölle...

China und USA sind noch weit von einem Deal entfernt

Von Julia Wacket, Frankfurt, und Norbert Hellmann, SchanghaiUS-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping haben die zugeknallte Tür im Handelskonflikt auf dem G20-Gipfel wieder einen Spalt geöffnet – neue Zölle sind vorerst ausgesetzt, und die Gespräche gehen diese Woche in eine neue Runde. Dass der Handelskrieg nicht weiter eskaliert, ist zwar eine gute Nachricht, doch allzu optimistisch sollten Beobachter nicht sein. Denn die USA und China haben den Gipfel nicht zur Lösung ihres Handels- und Technologiekrieges genutzt, sondern um zu zeigen, wer bei künftigen Verhandlungen die Oberhand hat. Die USA wollen die Verhandlungen möglichst vage halten, um Peking erneut unter Druck setzen zu können. Peking will hingegen nur mit klaren Vorgaben verhandeln und setzt nun rote Linien. Eine Lösung ist noch lange nicht in Sicht.Die erste rote Linie bezieht sich auf den Netzwerkausrüster Huawei. Amerikanische Firmen dürfen Huawei zwar wieder beliefern, das Technologieunternehmen steht aber wegen Bedrohung der nationalen Sicherheit immer noch auf der schwarzen Liste der USA – was bedeutet, der Umgang mit Tech-Exporten aus China ist immer noch ungeklärt. China dürfte seine eigene Technologieentwicklung in Nanochips von Smartphones und 5G-Infrastrukturen und -Anwendungen daher weiter vorantreiben. Das chinesische Streben nach Technologieunabhängigkeit wird weitergehen.Zwar sagte China zu, deutlich mehr landwirtschaftliche Güter und Rohstoffe aus den USA zu importieren, um so das gewaltige Handelsdefizit zwischen den beiden Ländern zu verringern. Auch diese Zusage scheint aber sehr oberflächlich, genaue Mengen wurden noch nicht vereinbart. Auch dürfte Pekings Entgegenkommen hier ebenfalls stark von dem Verhalten der USA gegenüber Huawei abhängen. Streit um ZollerlassAußerdem verlangt Peking, dass die USA alle bereits erlassenen Zölle auf Waren im Wert von 250 Mrd. Dollar streichen, damit ein Abkommen erzielt werden kann. Peking will damit sicherstellen, dass eine mögliche Steigerung der US-Einfuhren nach China nicht auf einen Blankoscheck hinausläuft. Trump zeigte sich zwar bereit, die Einführung zusätzlicher Zölle auf chinesische Waren im Wert von 300 Mrd. Dollar im Rahmen des Waffenstillstands zurückzuhalten, seine Handelsbeauftragten bestehen aber darauf, dass einige Zölle auch nach einem Abkommen bestehen bleiben, um zu kontrollieren, dass Peking sich daran hält.Diese Differenzen zeigen: Die Konfliktpunkte rund um die Durchsetzung des künftigen Abkommens, die Aufhebung bereits eingeführter Zölle und der Umgang mit geistigem Eigentum und Technologieunternehmen sind nach wie vor ungelöst. Sie sind der Grund, warum die Verhandlungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt im Mai abgebrochen wurden. Und sie sind auch der Grund, warum die beiden Präsidenten diesmal keinen Zeitrahmen für weitere Verhandlungen oder eine Frist für den Abschluss eines Abkommens angesetzt haben.Eine Einigung wird sich daher mindestens bis zum Ende des Jahres hinausziehen. Die sich immer weiter verschärfende technologische Rivalität etwa auf dem Feld der künstlichen Intelligenz könnte weiter zunehmen. Das gegenseitige Misstrauen, das inzwischen bis in den Austausch von Studenten und Wissenschaftlern hineinreicht, sowie die Angst vor Spionage und Sabotage ebenfalls.Denn im Streit zwischen den USA und China geht es schon lange nicht mehr nur um den Handel. Es ist ein Großmachtkonflikt, der die Wirtschaft genauso erfasst wie die Technologie, die Außen- und die Sicherheitspolitik. Ein Konflikt, bei dem es am Ende um einen Systemwettbewerb geht und die Frage, wie weit China bereit ist, seinen autoritären Staatskapitalismus zu reformieren, um so gleiche Voraussetzungen in der Konkurrenz auf den Weltmärkten zu schaffen. Dabei spielen Chinas Gesichtswahrung und nationaler Stolz eine große Rolle. Ohne ein Entgegenkommen der USA bei den Strafzöllen und im Technologiestreit wird Peking kaum zu weitreichender Marktöffnung und Anpassung der Industriepolitik bereit sein.Dabei wird auch entscheidend sein, welche Verhandler in den USA die Oberhand erhalten. Die Hardliner, wie Sicherheitsberater John Bolton, Außenminister Mike Pompeo und Wirtschaftsberater Peter Navarro, wollen Chinas Aufstieg mit aller Macht verhindern. Die Gegenfraktion, für die Finanzminister Steven Mnuchin steht, möchte die Wirtschaftsbeziehungen mit China ausbauen, fordert aber ebenfalls einen ausgeglichenen Handel, ein Ende des Diebstahls geistigen Eigentums und des erzwungenen Technologietransfers sowie faire Investitionsbedingungen. Auf welche Gruppe Trump – oder auch der neue US-Präsident ab 2021 – hört, wird entscheidend sein.Bis dahin wird es vor allem die Wirtschaft sein, die den Takt der Verhandlungen vorgibt. Solange der Aufschwung in der US-Wirtschaft weitergeht, wird US-Präsident Trump seinen harten Kurs weiterfahren. Und solange Peking noch Spielraum für weitere Stimulierungsmaßnahmen hat, wird auch Xi nicht nachgeben. Wie bei so vielen Dingen werden sich auch im Handelskrieg die Dinge erst zum Schlechteren entwickeln müssen, bevor sie besser werden.