LEITARTIKEL

China wittert Morgenluft

Die Handelsvereinbarung zur Lösung des bilateralen Konflikts zwischen China und den USA ist noch keineswegs in trockenen Tüchern. Nimmt man allerdings Aktienmarktreaktionen auf die jüngsten Verhandlungen zum Gradmesser, scheinen sich die USA und...

China wittert Morgenluft

Die Handelsvereinbarung zur Lösung des bilateralen Konflikts zwischen China und den USA ist noch keineswegs in trockenen Tüchern. Nimmt man allerdings Aktienmarktreaktionen auf die jüngsten Verhandlungen zum Gradmesser, scheinen sich die USA und China bereits weitgehend geeinigt zu haben. An den Börsen in Schanghai und Shenzhen knallen die Korken, die Leitindizes im Reich der Mitte galoppieren auf einer Euphoriewelle ins Bullenterritorium, während der Yuan weiter gegenüber dem Dollar zulegt.US-Präsident Donald Trump hat “substanzielle Fortschritte” in den bilateralen Verhandlungen zum Anlass genommen, die bislang mit Datum zum 1. März im Raum stehende drastische Anhebung der US-Strafzollsätze auf chinesische Waren von bislang 10 % auf 25 % erst einmal aufzuschieben und im Falle eines erfolgreichen bilateralen Abmachungspakets in den kommenden Wochen ad acta zu legen. In China wittert man die Chance auf eine etwas konziliantere Linie des US-Präsidenten. Dazu passen Äußerungen Trumps, die auf etwas Entspannung am Nebenkriegsschauplatz rund um die Behandlung des chinesischen Telekomausrüstungsriesen Huawei und das Vordringen Chinas bei der 5G-Technologie, also der neuen Generation von Mobilfunkdiensten, hindeuten.Nun keimt die Hoffnung auf, dass Trump von der in China besonders gefürchteten Thematik einer Ausgrenzung von führenden Technologieunternehmen Abstand nimmt und sich im Rahmen des sich noch in der Schwebe befindenden Vereinbarungspakets eher auf die Thematik des Abbaus des bilateralen Handelsdefizits der USA mit China konzentriert. Dazu gehört schließlich nicht nur, dass sich China auf eine gewaltige Ausdehnung der Importe von US-Agrarprodukten, Rohstoffen und Maschinen einlässt, sondern auch weiterhin milliardenschwere Käufe von Elektronikkomponenten, Software und Mikrochips tätigt.Wird sich Trump tatsächlich in erster Linie auf Aspekte konzentrieren, die bei seiner Wahlklientel in agrar- und industrielastigen US-Bundesstaaten gut ankommen, und sich weniger stark auf die den Technokraten im Handelsministerium vorschwebende Einflussnahme auf die chinesische Industrie- und Subventionspolitik kaprizieren? Da sich beide Seiten hier beharrlich ausschweigen, tappt man noch sehr im Dunkeln, mit welcher Stringenz diese sogenannten strukturellen Aspekte und die Fragen zum Schutz des geistigen Eigentums und der Unterbindung eines unerwünschten Technologietransfers letztlich in einer Vereinbarung angegangen werden.Zur Trump’schen Agenda gehört allerdings schon seit dem US-Wahlkampf vom Jahr 2016 das Ansinnen einer Schwächung des Dollar beziehungsweise dauerhaften Stärkung des Yuan, als eine Art Allheilmittel zur Gesundung der handelspolitischen Verhältnisse. Und tatsächlich lässt US-Finanzminister Steven Mnuchin wissen, dass sich im gegenwärtig verhandelten Maßnahmenpaket eine Abmachung zur Stabilisierung des Yuan finden soll. Hier tut sich eine besonders spannende Facette des Handelskonflikts auf.Die teilweise kräftig Abwertungsbewegung des Yuan gegenüber dem Dollar im vergangenen Jahr war eine eindeutig marktgetriebene Bewegung in Reaktion auf eine immer weitere Steigerung der Strafzolldrohungen und hat Chinas Zentralbank zu einigen Stützungsverrenkungen gezwungen. Trotz immer wieder aufkeimender Verdächtigungen hat Peking allein schon mit Blick auf Finanzstabilitätsbelange und eine latente Kapitalabflussproblematik überhaupt kein Interesse an einer aggressiven Abwertungspolitik. So gesehen gibt es sogar eine gewisse Interessenkongruenz, um mit einer entsprechenden Vereinbarung ein Signal an die Märkte zu senden, dass Baissespekulationen auf den Yuan chancenlos sind.Andererseits kann man sich schwer vorstellen, dass sich Peking auf ein offizielles Mitspracherecht Washingtons in der Gestaltung der Währungspolitik einlässt. Auch würden die seit Jahren von der G 20 und früheren US-Regierungen geforderten Reformen hin zu einer flexibleren Wechselkurspolitik und einer den Marktkräften stärker überlassenen chinesischen Währung konterkariert. Aller Voraussicht nach wird es, allein schon um Trump milde zu stimmen, zu einem Währungspassus in dem anstehenden Handelspakt kommen. Für China gilt es dann zu hoffen, dass Trumps Wirtschafts- und Handelspolitik in einer allgemeinen Schwächung des Dollar resultiert, in deren Windschatten es sich konfliktfrei mitfahren lässt.—–Von Norbert HellmannChinas Anleger bejubeln eine nahende Beilegung des Handelskonflikts mit den USA. Eine endgültige Vereinbarung setzt allerdings noch einige Verrenkungen Pekings voraus. —–