Chinas Immobilienhausse wird heiß

Rasanter Preisanstieg in Großmetropolen - Ruf nach Regulierungsmaßnahmen

Chinas Immobilienhausse wird heiß

Von Norbert Hellmann, SchanghaiMit den Septemberdaten für die Preisentwicklung von chinesischen Wohnimmobilien rücken die Sorgen über Überhitzungserscheinungen am Immobilienmarkt wieder in den Vordergrund. Die Durchschnittspreise für Wohnimmobilien in den 70 wichtigsten Großstädten des Landes sind im September um 9,1 % gegenüber Vorjahresmonat geklettert. Alarm in den GroßstädtenVor allem in den wichtigsten Metropolen des Landes macht sich eine alarmierende Überhitzungstendenz bemerkbar. Wie Zahlen des Statistikamtes zeigen, schossen die Preise in den beiden südlichen Ballungsgebieten Guangzhou und Shenzhen im September gleich um 20 % nach oben.Auch in Schanghai und Peking legten die Durchschnittspreise für Wohneigentum mit einem Anstieg um 17 % beziehungsweise 16 % mit deutlich höherem Tempo zu. Die Preisschübe sind die höchsten seit Jahresanfang 2011 und damit einer Zeit, als die Bekämpfung von Preisblasen am Immobilienmarkt auf der wirtschaftspolitischen Agenda der chinesischen Regierung allerhöchste Priorität genoss.Tatsächlich aber ist es Peking trotz der seit 2011 einsetzenden Abkühlung der Wirtschaft nie gelungen, entschieden auf den Preistrend am Wohnimmobilienmarkt einzuwirken. Dieser bringt nicht nur Gefahren hinsichtlich einer abrupten Immobilienpreiskorrektur, die insbesondere im chinesischen Bankensystem eine Krise heraufbeschwören könnte, sondern auch sozialpolitischen Sprengstoff mit sich.Der Preistrend setzt immer höhere Hürden für einkommensschwächere Neueinsteiger in den Wohnungsmarkt der Ballungsgebiete. Auf diesen aber beruht Chinas Urbanisierungspolitik beziehungsweise die Migration der Landbevölkerung in die Großstädte als einem der wichtigsten Antriebsfaktoren für die chinesische Wirtschaft. Analysten betonen, dass die Gefahren einer chinesischen Immobilienblase immer drängender wirken, auch an den Finanzmärkten macht sich Unruhe breit. Am Donnerstag drehte die zuletzt freundliche Börsentendenz, und der Hauptindex Shanghai Composite rutschte um 0,8 % auf 2 314 Punkte, als vor allem immobilienbezogene Werte unter heftigen Druck gerieten. Unauflösbarer ZielkonfliktMit Blick auf die nahende dritte Plenarsitzung der Kommunistischen Partei im November, die als ein Anlass gilt, die Reformpolitik der im Frühjahr angetretenen neuen Regierung zu formulieren, dürften Beschränkungsmaßnahmen für den Immobilienmarkt stärker in den Fokus rücken. Dabei befindet sich Peking allerdings in einem schier unauflösbaren Zielkonflikt.Eine künstlich heraufbeschworene Immobilienpreisdämpfung würde sich unweigerlich in einer raschen Abkühlung des in diesem Jahr nur mühsam Zielkurs haltenden Wirtschaftswachstums niederschlagen. Analysten verweisen darauf, dass die Immobilienwirtschaft und verwandte Bau- und Rohstoffsektoren für mindestens ein Drittel der chinesischen Wirtschaftsleistung aufkommen. Eine ungebremste Fortsetzung der Immobilienhausse aber birgt wiederum die Gefahr eines dann wesentlich heftigeren Rückschlags. Zeit drängt zusehendsWährend die Regierung um den im Frühjahr abgelösten Premierminister Wen Jiabao eine dreijährige Kampagne zur Kontrolle von Wohnimmobilienpreisen mit allerdings sehr gemischtem Erfolg durchgezogen hatte, zeigte sein Nachfolger Li Keqiang bislang wenig Interesse an einer landesweiten Durchsetzung von Maßnahmen wie der Einführung einer Immobilienbesteuerung auf Zweit- oder Mehrfachwohnbesitz. Experten betonen allerdings, dass sich die Regierung Li dem Thema nicht länger entziehen können wird und einen Plan zu einer langfristigen Eindämmung der Immobilienpreisspekulation vorlegen muss.