Chinas Konjunktur scheint sich zu fangen

Industrieproduktion und Einzelhandel springen an - Marktteilnehmer setzen auf Trendwende

Chinas Konjunktur scheint sich zu fangen

nh Schanghai – In China zeichnet sich nach der langen Abkühlungsphase eine Erholung der Wirtschaftskräfte ab. Zwar zeigt sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auch im dritten Quartal mit 7,4 % nach 7,6 % in den vorangegangenen drei Monaten noch einmal gedrosselt, doch gibt es nun erste Anhaltspunkte für eine Stabilisierung. Die am Donnerstag zusammen mit den Wachstumszahlen veröffentlichten September-Daten für die chinesische Industrieproduktion, die Einzelhandelsumsätze und die Anlageinvestitionen zeigen wieder nach oben und geben Anlass zur Hoffnung, dass die Konjunkturentwicklung die Talsohle erreicht hat. KonsumbelebungInsbesondere das unerwartet kräftige Anspringen der Industrieproduktion, die im September gegenüber Vorjahr um 9,2 % nach 8,9 % im August zulegen konnte, wird von den Marktteilnehmern als wichtiges Signal für eine Trendwende verstanden, da das Wachstum des Industrie-Outputs und das des BIP im Reich der Mitte meist relativ eng korrelieren. Gleichzeitig sorgt eine Belebung der Einzelhandelsumsätze für Zuversicht. Diese konnten trotz zuletzt schwächerer Autoverkäufe im September gegenüber Vorjahr um 14,2 % (nach 13,2 % im August) zulegen und nähren Hoffnungen, dass sich auch der private Konsum in China wieder fängt.Auch die Anlageinvestitionen als wichtiger Treiber der chinesischen Wirtschaft zeigen mit 22 % Zuwachs gegenüber 19 % beziehungsweise 20 % in den beiden Vormonaten einen robusteren Trend auf, wobei die Infrastrukturinvestitionen mit 12,6 % kräftiger anzogen, während sich das Anlagenwachstum im Immobilienbereich im September bei gut 15 % stabilisierte. Nach neun Monaten hinkt der Anstieg der Anlageinvestitionen mit 20,5 % allerdings deutlich dem Vorjahreswert von 25 % hinterher. Börsen besänftigtAn den chinesischen Börsen kletterten die Indizes auf den höchsten Stand seit Septemberanfang. Der Shanghai Composite Index legte um 1,2 % auf 2 132 Punkte zu, während der Werte aus Schanghai und Shenzhen umfassende CSI 300 um 1,5 % vorrückte. Analysten bei IHS Global Insight sehen die Gefahr einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft vorerst als gebannt an, rechnen allerdings nicht mit einem kräftigen Aufschwung.Für das Gesamtjahr zeichnet sich im Mittel der Analystenschätzungen nun eine Wachstumsrate von 7,8 % ab, womit die von der chinesischen Regierung gesetzte und als tolerierbare Untergrenze zu verstehende Zielmarke für das BIP-Wachstum 2012 eingehalten werden dürfte.Bei der VP Bank wird von einer leicht positiven Beurteilung der Konjunkturdaten gesprochen, da das in den Vorquartalen kräftig zurückgekommene BIP-Wachstum diesmal nur geringfügig geringer ausgefallen ist, während die “harten” Konjunkturdaten zu Industrieproduktion und Einzelhandel Besserung zeigen. Die China-Ökonomen der VP Bank gehen davon aus, dass der Wirtschaft eine weiche Landung gelingen wird, und rechnen im laufenden Quartal mit einer Wachstumsbeschleunigung. Die im Vergleich zum Vorjahr deutlich schwächere Investitionsdynamik im Immobilienbereich sei keinesfalls als negativ zu bewerten, sondern müsse als Teil eines notwendigen Anpassungsprozesses in einem überhitzten Wohnimmobilienmarkt verstanden werden. Verzicht auf StimulierungSeitens der chinesischen Regierung, die um eine vorsichtige Stimulierung der Wachstumskräfte bei anhaltender Dämpfung des Preisauftriebs am Wohnimmobilienmarkt bemüht ist, wird nun Zuversicht verbreitet, dass die Konjunkturwende glückt. Premierminister Wen Jiabao spricht davon, dass sich die Wirtschaft wieder in einer “relativ guten” Verfassung befinde und sich im Zuge einer Reihe bereits eingeleiteter Maßnahmen sukzessive stabilisiere.Marktteilnehmer werten diese Äußerungen als einen klaren Hinweis, dass die chinesischen Wirtschaftslenker keine Veranlassung für die Verabschiedung eines förmlichen Stimulierungspakets sehen. Damit dürfte gleichzeitig auch die chinesische Zentralbank darauf verzichten, eindeutige Lockerungssignale in Form einer Leitzinssenkung oder der Rücknahme von Mindestreservesätzen zu geben. In den vergangenen Wochen hatte sich die People’s Bank of China darauf beschränkt, die Geldmärkte reichlicher mit Liquidität zu versorgen.