Chinas Notenbank will mit Zinssenkung stützen

Finanzmärkte und Konjunktur im Visier

Chinas Notenbank will mit Zinssenkung stützen

BZ Peking – Die chinesische Notenbank stemmt sich gegen eine Abkühlung der weltweit viertgrößten Volkswirtschaft. Zur Ankurbelung der heimischen Konjunktur senkten die Währungshüter in Peking am Dienstag überraschend den Zinssatz für einjährige Kredite zum 26. August um 25 Basispunkte auf 4,6 %. Das ist bereits die fünfte Herabsetzung seit November. Die Rate für Einlagen mit einjähriger Laufzeit fällt demnach um 25 Basispunkte auf 1,75 %. Der Mindestreservesatz für die meisten Großbanken geht zum 6. September um 50 Basispunkte auf 18 % zurück.Die Zentralbank begründete ihr Vorgehen Reuters zufolge mit den jüngsten Schwankungen am Finanzmarkt, die eine höhere Flexibilität der Geldpolitik erforderten. Zudem halte der Abwärtsdruck auf die chinesische Wirtschaft an. Einem Einbruch der chinesischen Börsen am Montag um 8 % war am Dienstag ein Minus von 7 % gefolgt.Die Zentralbank hatte die weltweiten Finanzmärkte bereits vor rund zwei Wochen mit einer Abwertung der Landeswährung in Aufruhr versetzt. Die Volksrepublik erhofft sich davon, neben der größeren Chance zur Aufnahme des Yuan in den Währungskorb des Internationalen Währungsfonds, Vorteile im Welthandel. Denn durch die Abwertung werden chinesische Waren im Ausland billiger. Das Wachstum in China lag zuletzt bei nur noch 7 % – das ist so wenig wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. “Großer Knall”Volkswirt Andrew Polk vom Forschungsinstitut Conference Board in Peking wertete die Zinssenkung in China auch als Ausdruck von Panik. “Das ist ein großer Knall.” Damit wolle die Notenbank auch auf die Stimmungslage am Markt in den vergangenen zwei Tagen eingehen.Die globalen Finanzmärkte, die nach den jüngsten Turbulenzen in China deutlich unter Druck geraten waren, nahmen die jüngste Zinsentscheidung positiv auf. Ökonomen kritisierten jedoch, dass die Zentralbank zu lange gewartet habe. Sie reagiere nun auf den Börsencrash statt zuvor auf die schwachen Konjunkturdaten. “Reicht dies aus? Wahrscheinlich nicht”, meinte Volkswirt Stefan Große von der Nord/LB.Nach Einschätzung des Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank, Vítor Constâncio, haben die Börsen übertrieben auf die jüngsten Ereignisse in China reagiert. Die dortige Wirtschaft verlangsame sich nicht so stark, um eine derartige Aktienmarktreaktion zu begründen, sagte Constâncio am Dienstag am Rande einer Veranstaltung in Mannheim.”Was ökonomisch zählt, ist, was mit der chinesischen Realwirtschaft passieren wird”, so der EZB-Vize. Es sei “zu früh, um ganz zu verstehen, was passiert ist”. In vielen Märkten werde aber jetzt eine Überreaktion korrigiert.Zuvor hatte bereits Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel vor übertriebenen Reaktionen an den Finanzmärkten auf die Konjunktursorgen im Reich der Mitte gewarnt. Nach seiner Auffassung normalisierten sich die Wachstumsraten in der Volksrepublik derzeit, wie er im Interview der Börsen-Zeitung sagte (vgl. BZ vom 25. August). Selbst Raten von womöglich 6 % seien “immer noch ein starkes Wachstum”. Die heftigen Kursverluste am chinesischen Aktienmarkt seien eine Korrektur nach dem steilen Anstieg der vergangenen Jahre. “Finanzmärkte sind typischerweise keine Einbahnstraßen”, betonte Nagel.