Chinas Premier beschwichtigt Konjunkturängste

Li: Auf keinen Fall gibt es eine harte Landung - Schnellere Reformen zugesagt - Öffnungsschritt für Devisenmarkt

Chinas Premier beschwichtigt Konjunkturängste

nh Schanghai – Wenn es Anzeichen dafür gebe, dass die Wirtschaft von einem “vernünftigen” Wachstumspfad abweiche, habe Peking genügend Werkzeuge, um die Konjunktur mit fiskalischen und geldpolitischen Mitteln auf Kurs zu halten, versuchte Ministerpräsident Li Keqiang die an den Weltfinanzmärkten immer stärker aufkeimenden Sorgen über nachlassende Kräfte der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft zu beruhigen. China sei kein Auslöser von Instabilität, sondern eine verlässliche Quelle für globales Wachstum, bekräftigte Li: “Die chinesische Wirtschaft wird auf keinen Fall eine harte Landung erleben.”Gleichzeitig versprach der chinesische Regierungschef schnellere Wirtschaftsreformen und eine weitergehende Liberalisierung der Kapitalmärkte. Dabei kündigte Li am Donnerstag einen Öffnungsschritt am heimischen Devisenmarkt für ausländische Zentralbanken und Staatsfonds an. Diese sollen künftig direkten Zugang zu dem sogenannten Interbank-Devisenmarkt erhalten, um ohne Intermediäre Transaktionen tätigen zu können. Zuvor hatte die Regierung im Juli eine Öffnung des heimischen Anleihenmarktes für Engagements von ausländischen Zentralbanken und Staatsfonds avisiert. IWF-Währungskorb im BlickBeide Maßnahmen stehen in engem Zusammenhang mit den Bestrebungen Chinas, bei der zum Jahresende anstehenden Beratung über die Zusammensetzung des offiziellen Währungskorbes für die Berechnung der sogenannten Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) Berücksichtigung zu finden. Damit würde der chinesische Yuan als fünfte offiziell vom IWF anerkannte internationale Reservewährung neben Dollar, Euro, Pfund und Yen treten. Zu den seitens des IWF angewandten Prüfungskriterien für die Aufnahme einer neuen Devise in den Währungskorb gehört neben ihrer aktiven Verwendung als Reservemedium für Zentralbanker auch ein freier und ausreichender Zugang zu Yuan-denominierten Kapitalmarktinstrumenten.Li bekräftigte nun erneut, dass China mit der vor einem Monat eingeleiteten Anpassung des Wechselkurssystems, die zu einer anfänglich kräftigen Abwertung des Yuan gegenüber dem Dollar geführt hatte, keine Schwächung seiner Währung zu Exportförderungszwecken verbinde. China habe kein Interesse an einem Währungskrieg, betonte Li, dies würde der eigenen Wirtschaft letztlich nur schaden. Der Yuan werde vielmehr auf einem “stabilen und vernünftigen Gleichgewichtsniveau” gehalten. Die Äußerungen des chinesischen Premiers machten am Donnerstag allerdings wenig Eindruck auf die Märkte, vielmehr tendierten die Börsen in China wie auch in Europa im Nachgang zu einer mehrtägigen Rally gerade wegen anhaltender Verunsicherung über die chinesische Konjunktur wieder nach unten. Erzeugerpreise unter DruckAls Negativfaktor werden vor allem die am Donnerstag verbreiteten chinesischen Preisdaten für August gesehen. So haben sich die Erzeugerpreise im August erneut stark abgeschwächt und sind im August um 5,9 % gegenüber Vorjahresmonat gesunken. Dies bedeutet den stärksten monatlichen Rückgang seit über fünf Jahren. Der anhaltende Verfall der Produzentenpreise gilt als Reflex eines zunehmend geschwächten Industriesektors mit einem hartnäckigen Überkapazitätsproblem, ist aber auch auf niedrigere Weltmarktpreise für Erdöl und andere Rohstoffe zurückzuführen. Zahlreiche Ökonomen befürchten, dass der Verfall der Produzentenpreise mittelbar auch auf die Konsumteuerungsrate abfärbt und Deflationsgefahren heraufbeschwört. Allerdings ist der chinesische Konsumpreisindex im August unerwartet kräftig um 2 % gegenüber Vorjahresmonat geklettert, nachdem im Juli nur 1,6 % zu Buche standen.Allerdings wird der Inflationszuwachs nicht mit einer erhofften Belebung der wirtschaftlichen Aktivität in Zusammenhang gebracht. Vielmehr geht er ausschließlich auf einen Anstieg der Lebensmittelpreise zurück, die um 3,9 % kletterten, nachdem Schweinefleisch- und Gemüsepreise zuletzt um knapp 20 % beziehungsweise 16 % in die Höhe geschossen waren. Die Teuerungsrate für die übrigen Konsumgüter blieb indes unverändert auf einem niedrigen Niveau von 1,1 %.—– Kommentar Seite 1