Chinas Wirtschaft steuert auf Abkühlung zu

Anlageinvestitionen lassen immer deutlicher nach

Chinas Wirtschaft steuert auf Abkühlung zu

nh Schanghai – In China verdichten sich die Anzeichen für eine Entschleunigung der Wirtschaft just zu einem Zeitpunkt, da das Reich der Mitte vor wachsenden Herausforderungen im intensiver geführten handelspolitischen Streit mit den USA steht. Die am Dienstag vom nationalen Statistikbüro verbreiteten Daten zur Wirtschaftsleistung im Juli enttäuschen auf breiter Front. Besonders im Fokus steht das flaue Wachstum der Anlageinvestitionen. Sie sind in den ersten sieben Monaten des Jahres nur noch um 5,5 % vorangekommen, was den schwächsten Zuwachs seit Ende 1999 bedeutet. Das Wachstumstempo der Industrieproduktion wurde mit einem Anstieg um 6 % gegenüber Vorjahresmonat zwar gehalten, liegt aber unter den Erwartungen, während die Einzelhandelsumsätze mit einem Plus von 8,8 % nach zuvor 9,0 % weiter nach unten zeigen. Die zuletzt rapide Entschleunigung bei den chinesischen Anlageinvestitionen als wichtigem Wachstumstreiber gilt als klares Indiz für eine Abkühlung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft im dritten Quartal. Der nun verzeichnete Rückgang auf 5,5 % in den ersten sieben Monaten gilt als negative Überraschung, nachdem die Experten damit gerechnet hatten, dass sich das Wachstum auf dem für die Periode von Januar bis Juni gezeigten Niveau von 6 % stabilisieren würde. Klemme bei InfrastrukturEntscheidend ist das schleppende Tempo bei den öffentlichen Infrastrukturinvestitionen, die zwischen Januar und Juli nur noch um 5,7 % zulegen konnten, während man im vorigen Jahr bei klar zweistelligen Zuwachsraten lag. Dabei machen sich Bremseffekte aus der chinesischen Finanzstabilitätskampagne bemerkbar, die mit der Neuordnung von Finanzierungsstrukturen bei Lokalregierungen und Gebietskörperschaften verbunden ist. Allerdings rechnen die Experten hier mit einer nur vorübergehenden Delle, nachdem die Regierung zuletzt Maßnahmen für kommunale Anleihenprogramme zur Finanzierung von neuen Projekten verabschiedet hat. Daran knüpft sich die Erwartung, dass die Wirtschaft mit einem neuerlichen Schub von öffentlichen Infrastrukturinvestitionen fiskalische Rückendeckung bekommt. Zudem gibt es eine ermutigende Entwicklung bei den Sachinvestitionen des Privatsektors, die in den ersten sieben Monaten um 8,8 % nach zuvor 8,4 % zulegten. Dabei sind auch die Immobilieninvestitionen wieder kräftiger angesprungen. Ein Sprecher des Statistikbüros bewertete die Wachstumsaussichten für das laufende Jahr als insgesamt stabil, konzedierte allerdings, dass die heimische Wirtschaft anfälliger für negative Effekte aus den laufenden Handelsstreitigkeiten mit den USA geworden ist. So scheinen etwa Chinas Verbraucher mehr Zurückhaltung an den Tag zu legen. Obwohl Anfang Juli eine Reihe von Importzöllen für Konsumgüter gesenkt worden sind, ist die Nachfrage nach alltäglichen Gebrauchsgütern und nach Haushaltsgeräten und Möbeln gedrosselt. Der Anstieg der Einzelhandelsumsätze um 8,8 % im Juli gilt denn auch als Enttäuschung. Hier war mit einem Plus von gut 9 % gerechnet worden. Auch bei der Industrieproduktion ist der Zuwachs von 6 % niedriger als die Konsensschätzung bei 6,3 % ausgefallen. Hier könnten ebenfalls Anpassungsreaktionen auf die handelspolitische Lage eine Rolle gespielt haben.