Corbyn: Glasfaser kostenlos für alle

Labour will Festnetz verstaatlichen - Farage zieht weitere Kandidaten zurück

Corbyn: Glasfaser kostenlos für alle

hip London – Labour-Führer Jeremy Corbyn hat bei einem Wahlkampfauftritt in Lancaster kostenlose Breitbandinternetanschlüsse für alle versprochen. Die Partei will für 20 Mrd. Pfund den Netzbetreiber Openreach verstaatlichen, der dem Ex-Monopolisten BT Group (einst: British Telecom) gehört. Eine Labour-Regierung werde bis 2030 dafür sorgen, dass den Briten die schnellsten Glasfaser-Anschlüsse zur Verfügung stehen. Derzeit habe lediglich ein Zehntel der Haushalte solche Zugänge zum weltweiten Datennetz. “British Broadband wird eine von uns geschätzte öffentliche Institution des 21. Jahrhunderts sein”, kündigte Corbyn an – so wie im 19. Jahrhundert die öffentlichen Wasserwerke und im 20. Jahrhundert das staatliche Gesundheitswesen NHS. “Sehr, sehr ambitioniert”Der Chef des von Margaret Thatcher privatisierten Telekomunternehmens, Philip Jansen, nannte die Pläne von Labour “sehr, sehr ambitioniert”. Aus seiner Sicht könnte es mehr als 100 Mrd. Pfund kosten, kostenlose Glasfaser-Anschlüsse anzubieten. Der Streit um das Telefonnetz ist nicht neu. Seit Jahren beschweren sich Wettbewerber des Ex-Monopolisten über Diskriminierung. Anfang März 2017 hatte BT nach langem Streit mit dem Regulierer zugestimmt, Openreach in eine rechtlich eigenständige Gesellschaft mit unabhängigem Management und Board auszugliedern.Rebecca Long-Bailey, die als mögliche Nachfolgerin Corbyns gehandelt wird, wies darauf hin, dass in Großbritannien derzeit lediglich 71 Roboter auf 10 000 Industriearbeiter entfielen, weniger als anderswo. Wenn man bei der vierten industriellen Revolution mit dabei sein wolle, brauche man besseres Breitbandinternet. Labour werde eine Charta mit “digitalen Rechten” einführen, um die Internetnutzer zu “schützen”. Das weckte anderenorts Ängste vor Zensur. “Das könnte bedeuten, dass Corbyn darüber entscheidet, was Sie online sehen oder nicht sehen können”, sagte Matt Kilcoyne, stellvertretender Direktor des Adam Smith Institute, dem “Telegraph”. “Die Regierung kann bereits herumschnüffeln, was Sie sehen. Jetzt will Labour das Recht, ihnen ihren Geschmack vorzuschreiben.” Das sei ein Vorschlag mit weitreichenden Folgen.Labour habe nicht vor, noch mehr Unternehmen als bisher angekündigt zu verstaatlichen, versicherte unterdessen John McDonnell, der im Falle eines Wahlsiegs der Opposition Schatzkanzler würde, der BBC. “Um es klar zu sagen: Das ist keine Rückkehr in die 1970er Jahre.” Damals habe es gar kein Breitband gegeben, sagte er. Es gehe seiner Partei vielmehr darum, “die Zukunft” in öffentliches Eigentum zu überführen.Währenddessen zog die Brexit Party 39 weitere Kandidaten zurück. Sie sollten ursprünglich vor allem in Schottland und in Wahlkreisen, die beim Referendum 2016 für den Verbleib in der EU gestimmt hatten, antreten. Parteichef Nigel Farage wollte eigentlich keine weiteren Kandidaten zurückziehen, nachdem die Partei angekündigt hatte, nicht in Wahlkreisen anzutreten, die von den Tories gehalten werden.