Corbyn springt ab

Brexit-Verhandlungen zwischen britischer Regierung und Opposition scheitern

Corbyn springt ab

Labour hat die Brexit-Gespräche mit der Regierung für gescheitert erklärt. Damit schwinden die Chancen von Premierministerin Theresa May, doch noch eine Mehrheit für ihren Deal mit Brüssel im Unterhaus zu finden. Die schottischen Nationalisten dringen derweil auf ein erneutes EU-Referendum.Von Andreas Hippin, LondonDer Labour-Parteichef Jeremy Corbyn hat am Freitag offiziell bestätigt, was bereits weithin angenommen wurde: Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition über einen Ausweg aus dem Brexit-Dilemma sind gescheitert. Premierministerin Theresa May hatte gehofft, sich mit Hilfe von Labour eine parlamentarische Mehrheit für den in ihrem Namen von der Verwaltung mit Brüssel ausgehandelten Deal verschaffen zu können. Inhaltlich ging es nur um die gemeinsame Erklärung über die künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Aber selbst dazu gingen die Positionen zu weit auseinander. Die Regierungschefin will nun darüber nachdenken, dem Unterhaus verschiedene Brexit-Optionen zur Wahl zu stellen. Als Abgeordnete in Eigeninitiative über diverse Varianten abstimmten, fand sich für keinen einzigen der Vorschläge eine Mehrheit.Corbyn sagte, man sei bei den Gesprächen so weit wie möglich gegangen, und machte die “zunehmende Schwäche und Instabilität” der Regierung für das Ende der Gespräche verantwortlich. Labour habe “in gutem Glauben und sehr ernsthaft” verhandelt. Die Spaltung der Konservativen Partei habe zur Folge, dass die Regierung über keinerlei Autorität verfüge und nicht dazu in der Lage sei, irgendetwas umzusetzen. Wenn es nicht zu wesentlichen Änderungen komme, lehne Labour Mays Deal weiterhin ab. Der irische Premier Leo Varadkar sprach von einer “sehr negativen Entwicklung”.”Die Briten müssen selbst entscheiden, wer sie regiert”, gestand Fabio De Masi, der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion Die Linke, den Bewohnern des Vereinigten Königreichs zu. ” Aber ein unkontrollierter Brexit und ein Kasper wie Boris Johnson lassen sich nur mit Neuwahlen verhindern.” Die Tories legten lieber “Feuer an die Lunte in Nordirland”, als eine Zollunion zu vereinbaren, um bei Zöllen auf Dumping machen zu können. “Forderungen aus der EU nach einem zweiten Referendum sind hingegen ebenso weltfremd, wie der Aufstieg der Brexit-Partei vor den Europawahlen zeigt”, sagte De Masi. “Alptraum für Schottland”Nicola Sturgeon, die schottische Regierungschefin, bestand indes bei der Vorstellung des Programms der SNP (Scottish Nationalist Party) für den Europawahlkampf darauf, dass es eine “reale Chance” für den Verbleib der Region in der EU gebe. Westminster habe das “überwältigende Votum Schottlands ignoriert”, nicht aus der Staatengemeinschaft auszutreten. Die Möglichkeit, dass der ehemalige Londoner Bürgermeister als Premierminister auf May folgen könnte, bezeichnete sie als “Alptraum für Schottland”. Sturgeon setzte sich energisch für ein erneutes EU-Referendum ein. Jeder Deal, auf den man sich in Westminster einige, müsse der Bevölkerung erneut vorgelegt werden – “mit ,Remain` auf dem Wahlzettel”, forderte sie. Wenn ein “No Deal”-Brexit die einzige Alternative sei, müsse die Austrittserklärung nach Artikel 50 des Vertrags von Lissabon widerrufen werden. Sollte Großbritannien die EU verlassen, will Sturgeon binnen zwei Jahren eine weitere Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Schottlands abhalten. Ursprünglich sollte das Vereinigte Königreich die EU zum 29. März verlassen, genau zwei Jahre nachdem May den Austrittswillen mitgeteilt hat. Während Nigel Farage mit The Brexit Party ein Sammelbecken für all diejenigen geschaffen hat, die ihrer Enttäuschung darüber Ausdruck verleihen wollen, dass das Land immer noch nicht ausgetreten ist, konnten sich die Brexit-Gegner auf keine gemeinsame Plattform für die Wahl zum EU-Parlament einigen. Sie treten stattdessen unter ihrem jeweiligen Parteifähnchen an, in vielen Wahlkreisen gegeneinander.