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Costas kompliziertes Bündnis regiert Portugal

ths - Am Wahlabend des 4. Oktober galt António Costa für viele Beobachter in Lissabon als politisch tot. Der Chef der portugiesischen Sozialisten (PS) hatte einen klaren Vorsprung in den Meinungsumfragen auf der Zielgeraden verloren und kam nur auf...

Costas kompliziertes Bündnis regiert Portugal

ths – Am Wahlabend des 4. Oktober galt António Costa für viele Beobachter in Lissabon als politisch tot. Der Chef der portugiesischen Sozialisten (PS) hatte einen klaren Vorsprung in den Meinungsumfragen auf der Zielgeraden verloren und kam nur auf den zweiten Platz hinter der gemeinsamen Liste der konservativen Koalition von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. Doch der ehrgeizige Jurist und Berufspolitiker gab sich nicht geschlagen und schmiedete ein in Portugal einzigartiges Abkommen mit den linken Parteien im Parlament, das dann die Minderheitsregierung von Passos Coelho zu Fall brachte. Nach zweiwöchigen Überlegungen und Konsultationen beauftragte Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva den Sozialisten am Dienstag schließlich mit der Regierung.Die Entscheidung fiel dem Staatschef nicht leicht, denn Costa lässt sich auf ein kompliziertes Spiel ein. Der frühere Bürgermeister von Lissabon wird in Minderheit regieren und ist auf die punktuelle Unterstützung des linken Blocks, der Kommunisten und der Grünen angewiesen. Am Freitag soll die neue Regierung ins Amt eingeführt werden. Costa gab bereits die Liste seines Kabinetts bekannt, dem 17 Minister angehören, darunter lediglich vier Frauen.Die Finanzen übernimmt Mário Centeno, ein Ökonom, der in Harvard promovierte. Der 48-Jährige ist Autor des wirtschaftspolitischen Teils des Wahlprogramms der PS, das auf eine Stärkung des Binnenkonsums und eine Reform des Arbeitsmarkts setzt. Centeno arbeitete viele Jahre für die portugiesische Notenbank und war bis zu diesen Wahlen nicht politisch tätig.Das Wirtschaftsministerium wird Manuel Caldeira Cabral übernehmen, der ebenfalls am Programm mitschrieb und schon länger als Berater für die PS arbeitet. Der 47-Jährige arbeitet außerdem als Wirtschaftsprofessor an der Universidade do Minho. Neuer Außenminister wird der Soziologe und ehemalige Minister für Bildung und Kultur, Augusto Santos Silva.Die erste, sehr dringende Aufgabe der neuen Regierung ist der Haushaltsplan für 2016. Den Verzug hat Brüssel bereits gerügt. Die Verabschiedung des Budgets im Parlament wird der erste Test für das Linksbündnis, da die Vorstellungen abweichen. So wollen etwa die Kommunisten den Mindestlohn schon gleich auf 600 Euro anheben, während die Sozialisten nur eine schrittweise Aufstockung verfolgen. Costa hat sich zur Einhaltung des Stabilitätspaktes verpflichtet. Auf Hilfe der Konservativen kann der 54-jährige Costa kaum zählen. Die beiden Parteien der nunmehr abgesetzten Koalition, die 38,6 % der Stimmen errang, sprachen der Regierung Costa die demokratische Legitimität ab und bezeichneten sie als eine “Notlösung”.