Geld- und Zahlungswesen

Das Ende von Bretton Woods vor 50 Jahren als Mahnung

Es lohnt sich nicht nur, sich die Vorzüge des Goldgeldes vor Augen zu führen, es ist aktuell auch ein passendes Datum dazu. Denn vor fast 50 Jahren, genauer am 15. August 1971, wurde die Golddeckung des Dollar beendet.

Das Ende von Bretton Woods vor 50 Jahren als Mahnung

In kaum einem Bereich erweist sich die digitale Transformation als so revolutionär wie im Geld- und Zahlungswesen. Nicht nur gewinnen seit Jahren zusehends elektronische Zahlungen gegenüber Barzahlungen. Mittlerweile drängen vor allem auch Fintechs vehement in die Zahlungsverkehrsmärkte, bieten Privat- wie auch Geschäftskunden kostengünstige und effiziente Dienste rund um die Zahlungsabwicklung an. Selbst die offiziellen Währungen stehen auf dem Prüfstand. Der Tech-Gigant Facebook ist dabei, seinen Stable­coin „Diem“ zu lancieren, der mit einem Schlag einem Millionen-, wenn nicht sogar einem Milliardenpublikum als Zahlungsmittel dienen kann. In den Märkten für Kryptoeinheiten arbeitet man gar an einem neuen Geld, das dem staatlichen Zugriff mehr oder weniger vollends entzogen ist.

Wer vor diesem Hintergrund an das Goldgeld erinnert, läuft sicherlich Gefahr, als „out of touch“ mit dem technologischen Fortschritt, als hinterwäldlerisch zu erscheinen. Doch das wäre vielleicht vorschnell geurteilt. Es lohnt sich nicht nur, sich die Vorzüge des Goldgeldes vor Augen zu führen, es ist aktuell auch ein passendes Datum dazu. Denn vor fast 50 Jahren, genauer am 15. August 1971, wurde die Golddeckung des Dollar beendet. An diesem Tag verkündete US-Präsident Richard Nixon, dass der Greenback fortan nicht mehr in physisches Gold eintauschbar sei. Diese unilaterale Entscheidung der Amerikaner markierte das Ende des Systems von Bretton Woods, das 1944 beschlossen wurde und die weltweiten monetären Verhältnisse für die Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte regeln sollen.

Der Dollar wurde zur Weltreservewährung erkoren. 35 US-Dollar entsprachen 1 Feinunze Gold (31,10347 Gramm). Alle anderen Währungen waren mit einem festen Wechselkurs an den Greenback gebunden und in ihn jederzeit eintauschbar. Auf diese Weise waren auch sie indirekt im Gold verankert. Das System von Bretton Woods – obwohl es unter einigen strukturellen Schwächen litt – funktionierte. Die Volkswirtschaften erholten sich, Welthandel und Weltkapitalverkehr expandierten. Doch bereits in den 1950er Jahren zogen dunkle Wolken auf. Die USA gerieten in den Koreakrieg, später in den Vietnamkrieg. Die Kosten wurden durch die Ausgabe von Dollar finanziert, die nicht durch Gold gedeckt waren. Die US-Preisinflation stieg mächtig an, das Vertrauen in den Dollar schwand. Immer mehr Nationen begannen, ihre Dollar bei der US-Zen­tralbank in physisches Gold einzutauschen.

Fiat-Geld ist inflationär

Die US-Goldreserve schmolz wie Schnee in der Sonne. Um die drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, schloss Präsident Nixon das „Goldfenster”. Dadurch wurden nicht nur der Dollar, sondern auch alle anderen wichtigen Währungen der Welt zu nicht einlösbarem Geld, zu Fiat-Geld, das die staatlichen Zentralbanken – in enger Kooperation mit Geschäftsbanken – im Grunde in beliebiger Menge und jederzeit ausweiten können. Doch das Fiat-Geld, so zeigte sich bald, leidet unter einer Reihe von ökonomischen und ethischen Defekten: Es ist inflationär, büßt seine Kaufkraft im Zeitablauf ein. Es sorgt zudem für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen, bei der es einige Gewinner und viele Verlierer gibt. Auch verursacht die Ausgabe von Fiat-Geld Wirtschaftsstörungen, Spekulationsblasen und „Boom and Bust“-Zyklen. Und nicht zuletzt treibt das Fiat-Geld die Verschuldung der Volkswirtschaften unbarmherzig in die Höhe.

Das International Institute of Finance (IIF) schätzt, dass Ende des ersten Quartals 2021 die globale Verschuldung bei 289 Bill. Dollar angekommen ist, das waren 360% der Weltwirtschaftsleistung. Ein Rekordschuldenberg, der nahelegt, dass es dauerhaft nicht so weitergehen kann mit dem Fiat-Geldsystem. Zudem erfordert das „Bekämpfen“ der Krisen, für die das Fiat-Geld sorgt, weitreichende Eingriffe in das Marktsystem – wie zum Beispiel das drastische Absenken der Marktzinsen und die Übernahme von Zahlungsausfallrisiken durch die Zentralbanken. Auf diese Weise verliert das freie Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zusehends seine Freiheitsgrade. Die bange Frage ist also: Wie geht es weiter mit dem Fiat-Geld, 50 Jahre nach Ende seiner Goldverankerung?

Zwar ist davon auszugehen, dass die Staaten ihr Fiat-Geldmonopol nicht so ohne Weiteres aus der Hand geben. Jedoch könnte die digitale Transformation im Geldwesen Kräfte freisetzen, die bislang noch unterschätzt werden. Zumal ja das Geld letztlich ein Phänomen des freien Marktes ist, das spontan aus den Eigeninteressen miteinander wirtschaftender Menschen entspringt – so hat es der Ökonom Carl Menger erklärt. Gerade die neuen Technologien bergen daher das Potenzial, neue Geldarten hervorzubringen beziehungsweise auch neue digitalisierte Zahlungsverkehrsformen für altbekannte Geldarten wie zum Beispiel Gold und Silber – etwa über die „Tokenisierung“ – bereitstellen zu können.

Entwicklung geht weiter

Die Erinnerung an den 50. Jahrestag des Endes von Bretton Woods sollte daher als so etwas wie ein Hinweis aufgefasst werden, dass die Entwicklung des Geldes keineswegs abgeschlossen ist, dass das offizielle Beenden der Golddeckung der offiziellen Währungen und das Einführen des ungedeckten Geldes nicht das Schlusswort gewesen sind. Die nahezu alles und jeden erfassenden Digitalisierung wird nicht vor dem heute etablierten Fiat-Geld haltmachen. Sie wird sehr wahrscheinlich noch einem produktiven Wettbewerb um besseres Geld Rückenwind verleihen – einem Wettbewerb, dessen Ergebnis heute noch nicht bekannt ist, der aber mit Blick auf die lange Währungsgeschichte nahelegt, dass ein ungedecktes Geld nicht dauerhaft erfolgreich sein dürfte, dass es vermutlich doch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.