SerieEuropawahl 2024

Das EU-Parlament und die drei ???

Drei Stichworte helfen, den gesetzgeberischen Alltag zu verstehen. Econ-Ausschuss. Berichterstatter. Und Trilog.

Das EU-Parlament und die drei ???

Das EU-Parlament
und die drei ???

Der gesetzgeberische Alltag in drei Stichworten

fed Frankfurt

Die Gesetzgebungsverfahren der EU gleichen einem Kricketspiel: 95% der Zuschauer verstehen die Regeln nicht mal ansatzweise. Dabei helfen bereits drei zentrale Elemente des gesetzgeberischen Alltags, um zu verstehen, wie aus Vorschlägen Gesetze werden.

Erstens: der Econ-Ausschuss. Natürlich könnte man auch jeden anderen Ausschuss wählen, Agri (Landwirtschaft), EMPL (Beschäftigung) oder Tran (Verkehr). Oder, oder. Aber da die Börsen-Zeitung eine Finanzzeitung ist, interessiert hier vor allem der Wirtschafts- und Währungsausschuss, eben der Econ. Genau hier finden die politischen Debatten statt, genau hier wird gestritten, verhandelt und schließlich ein Kompromiss geschmiedet. Ganz selten, dass dies im EU-Parlament nicht gelingt (wie etwa beim Trennbankensystem). Ist sich der Econ über irgendein Stück Finanzmarktregulierung einig, ist – sofern die Ausschussmehrheit nicht allzu knapp ist – die Abstimmung im Plenum eher eine Formsache.

Zweitens: der Berichterstatter, der Rapporteur. Er ist der Europaabgeordnete, der in einem Gesetzgebungsverfahren aufseiten des Parlaments die Regie führt. Wenn sie oder er nicht besonders gut darin ist, Kompromisse zu schmieden, verlangsamt sich der Gesetzgebungsprozess. Andererseits: Wenn er oder sie geschickt ist, kann es schnell vorangehen. Ein gutes Beispiel ist der Österreicher Othmar Karas. Er hat vor einigen Jahren nicht nur die Umsetzung der Baseler Kapitalvorgaben (CRD IV) durchs EU-Parlament geschleust, was angesichts von mehreren tausend Änderungsanträgen eine Herkulesaufgabe war. Es ist ihm, sehr zum Bedauern der deutschen Sparkassen und Volksbanken, jüngst sogar gelungen, einen Kompromiss zur Einlagensicherung zu vermitteln, sodass das jahrelang blockierte Dossier jetzt erstmals im EU-Parlament vorangekommen ist.

Drittens: der Trilog. Da das EU-Parlament nicht der einzige Gesetzgeber in der EU ist, sondern sich diese Aufgabe mit dem Rat als Versammlung der nationalen Regierungen teilt, muss jedes Gesetzesverfahren irgendwann in ein gemeinsames Gremium zur Schlussverhandlung, quasi in den Vermittlungsausschuss. Im Trilog trifft sich der Rat, vertreten durch den EU-Ratsvorsitz (derzeit die Belgier), mit dem Berichterstatter und dessen Pendants aus den anderen Parteien, den sogenannten Schattenberichterstattern. Im Trilog werden Brücken zwischen der Position des Parlaments und der Mitgliedstaaten gebaut – hinter verschlossenen Türen, was die einen für eine notwendige Bedingung für effiziente Verhandlungen, die anderen für einen Ausdruck des intransparenten Geschachers in Europa halten. Und wieso Tri-log? Weil auch die EU-Kommission mit am Tisch sitzt. Denn die kann, wenn sich das Gesetz zu weit von ihrem ursprünglichen Vorschlag entfernt, die nukleare Option ziehen und den Vorschlag nachträglich zurückziehen.

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