KOMMENTAR

Das Geldwechsel-Instrument

Die Diskussion über die Einführung eines eigenen Haushalts für die Eurozone hat seit gut einem Jahr eine Eigendynamik erhalten, die den ursprünglichen Verfechtern so gar nicht mehr passen dürfte. Die Träume von einem milliardenschweren Geldtopf,...

Das Geldwechsel-Instrument

Die Diskussion über die Einführung eines eigenen Haushalts für die Eurozone hat seit gut einem Jahr eine Eigendynamik erhalten, die den ursprünglichen Verfechtern so gar nicht mehr passen dürfte. Die Träume von einem milliardenschweren Geldtopf, über den ganz nach keynesianischer Art Investitionen gesteuert und der Euroraum stabilisiert wird – Träume, die es wohl unter anderem in Paris gegeben hat -, sind längst zerplatzt. Vor allem auf deutschem Betreiben hin wurde das Euro-Budget mittlerweile an den normalen EU-Haushalt angekettet und jetzt auch noch in das Europäische Semester gepresst, mit dem die Wirtschaften in der EU koordiniert werden.Jetzt gibt es auf einmal ganz andere, starre Regeln zu beachten. Und ganz andere Institutionen sprechen auf einmal ein Wörtchen mit. Und auf einmal ist auch nicht mehr von dreistelligen Milliarden-Beträgen die Rede, sondern nur noch von 17 Mrd. Euro, die im EU-Finanzrahmen ohnehin für die Reformunterstützung vorgesehen waren. Wohlgemerkt: 17 Mrd. Euro nicht für ein Jahr, sondern für sieben Jahre. Für alle 19 Euro-Staaten. Plus die Länder im Wechselkursmechanismus II, also die sich im Vorhof der Euro-Aufnahme befinden.Dass der Widerstand der Kritiker gegen die Einführung eines Eurozonen-Haushalts in den vergangenen Monaten abgeebbt ist, hat wohl nicht nur mit den ermüdenden Debatten in der Eurogruppe zu tun, sondern wohl auch mit der Erkenntnis, dass sich der große Aufstand an dieser Stelle einfach nicht lohnt: Ein Euro-Budget in dieser Form und von der jetzt diskutierten Größe hat einfach keine Bedeutung.Man kann sich den neuen Haushaltstopf auch ein wenig wie ein Geldwechsel-Instrument vorstellen: Jeder Euro-Staat steckt über seine “normalen” EU-Beiträge jährlich etwas Geld in das Säckel hinein – im Schnitt knapp 130 Mill. Euro im Jahr – und bekommt dann am Ende eines ziemlich komplizierten Prozesses wieder ähnlich viel Geld heraus, das er dann für Investitionen nutzen kann. Die einen bekommen vielleicht etwas mehr, die anderen etwas weniger heraus, was aber nicht wirklich viel ausmacht. Der eigentliche Unterschied ist: Bevor ein Land mit seinem Geld diesen Wechsel-Prozess startet, kann es über seine Euro noch frei verfügen. Wenn es dann aber die Mittel aus dem Euro-Haushalt wieder zurückerhält, dann sind sie mit vielen Auflagen verbunden, mit strategischen Richtungsvorgaben, mit länderspezifischen Empfehlungen. Ergibt das noch einen Sinn?