"Das wird die Hölle"

Britische Regierung stellt erstes Brexit-Gesetz vor - Barnier empfängt Theresa Mays Gegner

"Das wird die Hölle"

Die britische Regierung hat das erste für den Brexit wichtige Gesetz vorgestellt. Die Opposition sparte nicht mit Kritik. “Das wird die Hölle”, sagte Tim Farron, der Führer der Liberaldemokraten, mit Blick auf die parlamentarische Debatte dazu.hip London – Die britische Regierung hat das Aufhebungsgesetz (Repeal Bill) vorgestellt, mit dem sie dem Vorrang des europäischen Rechts ein Ende bereiten will. Es werde dem Vereinigten Königreich ermöglichen, die EU mit “maximaler Gewissheit, Kontinuität und Kontrolle” zu verlassen, sagte der für das Thema Brexit zuständige Staatssekretär David Davis. “Indem wir im nationalen Interesse zusammenarbeiten, können wir sicherstellen, dass wir an dem Tag, an dem wir die Europäische Union verlassen, ein voll funktionsfähiges Rechtssystem haben”, appellierte er an die Abgeordneten der Opposition.Es ist das erste einer Reihe von Brexit-Gesetzen, die in der von der Königin verlesenen Regierungserklärung Theresa Mays angekündigt worden sind, und soll das Gesetz über die Europäischen Gemeinschaften von 1972 aufheben und zugleich das derzeit gültige europäische Recht zu britischem Recht machen. Danach könnte sich die Regierung die Gesetze nach und nach vornehmen und unerwünschte Vorschriften außer Kraft setzen. Das Aufhebungsgesetz soll erst in Kraft treten, wenn Großbritannien die EU verlässt.May hatte die Idee für das Gesetz einst mit den Worten beworben: “Das bedeutet, dass Großbritannien eine unabhängige souveräne Nation sein wird. Es wird seine eigenen Gesetze machen” (vgl. BZ vom 5.10.2016). In Wirklichkeit handelt es sich um Verwaltungshandeln, das ein rechtliches Vakuum verhindern soll. “Wir unterstützen dieses Ziel, denn Unternehmen wollen Gewissheit, egal was in der EU passiert”, sagte Lucy Fergusson, Partner bei der Kanzlei Linklaters. “Sie wollen wissen, dass sich die Regeln und Vorschriften, die sie in Großbritannien betreffen, nicht plötzlich am Tag nach dem Brexit ändern.”Das von der Regierung geplante Vorgehen galt allgemein als wenig umstritten. “Ich glaube nicht, dass das Gesetz große politische Kontroversen auslösen wird”, sagte der konservative Oberhausabgeordnete Ian Lang Ende Juni. Es kam jedoch anders: “Wenn Sie das Gesetz zur Inanspruchnahme von Artikel 50 schwierig fanden, sollten Sie sich nichts vormachen”, sagte Tim Farron, der Führer der Liberaldemokraten. “Das wird die Hölle.”Davis’ Gegenüber bei Labour, Keir Starmer, machte klar, dass seine Partei das Aufhebungsgesetz in der derzeitigen Form nicht unterstützen werde. Eine Voraussetzung dafür sei, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union in britisches Recht übertragen werde. Zudem dürften künftig die Rechte von Arbeitnehmern in Großbritannien nicht hinter denen ihrer Kollegen in der EU zurückbleiben. Auch die Regionalregierungen von Schottland und Wales wiesen das Gesetz zurück. “Die Regierung muss Klarheit schaffen, was mit den repatriierten Kompetenzen geschehen soll, die derzeit noch bei der EU liegen”, forderte Ian Blackford, der Führer der schottischen Nationalisten in Westminster. Die SNP will wissen, welche dieser Kompetenzen künftig den Regionalregierungen übertragen werden sollen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier empfing gestern den Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn und die Chefin der schottischen Regionalregierung, Nicola Sturgeon.May muss sich wegen der knappen Mehrheit, auf die sie ohnehin nur mit Hilfe der nordirischen Unionisten im Unterhaus kommt, Sorgen machen, dass Abweichler aus den eigenen Reihen das Gesetz zu Fall bringen könnten. Zuletzt formierte sich die All-Party Parliamentary Group on EU Relations, der unter anderem die konservative Abgeordnete Anna Soubry angehört. Die Gruppe will sicherstellen, dass es zu keinem Verlassen der EU ohne eine vorherige Übereinkunft mit Brüssel kommt.—– Kommentar Seite 1