Debatte über Alternative zu Merkel-Macron-Plan

ZEW: Polen könnte größter Nettozahler werden

Debatte über Alternative zu Merkel-Macron-Plan

ahe Brüssel – Auch kurz vor Veröffentlichung eines milliardenschweren Vorschlags der EU-Kommission hält die Debatte an, wie eine europäische Wiederaufbauhilfe für die Zeit nach der Coronakrise gestaltet werden kann. Der am Wochenende vorgelegte Alternativvorschlag von Österreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden – den selbst ernannten “sparsamen vier” – stieß gestern im EU-Parlament auf ein geteiltes Echo. Der CSU-Finanzexperte Markus Ferber sprach von einem “willkommenen Debattenbeitrag”, da der Vorschlag “den Finger in die Wunde des Verschuldungsverbots” lege und sehr deutlich mache, woran die deutsch-französischen Überlegungen aus der vergangenen Woche krankten: einer seriösen Finanzierung, so Ferber. “Am Ende darf der Wiederaufbauplan nämlich nicht in die Schuldenunion führen.”Die vier Staaten hatten wie auch Deutschland und Frankreich eine Finanzierung der Wiederaufbauhilfe über den Kapitalmarkt vorgeschlagen. Sie wollen die Hilfe aber auf zwei Jahre begrenzen und die Gelder zugleich nur über Kredite und nicht als Zuschüsse über den EU-Haushalt verteilen. Man wolle keine “Schuldenunion durch die Hintertür”, hatte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz das am Wochenende begründet. Die Höhe des Krisenpakets hatten die vier Staaten in ihrem Papier offen gelassen.Der SPD-Haushaltsexperte im EU-Parlament Jens Geier sprach von einer fragwürdigen Definition des österreichischen Bundeskanzlers von europäischer Solidarität. “Solange es meinem Nationalstaat gut geht, sind mir die anderen egal – das ist rückwärtsgewandt”, so Geier. Die meisten Menschen hätten inzwischen begriffen, dass das unter den Bedingungen des Binnenmarktes nicht funktioniere.In Deutschland hatten bereits am Wochenende die meisten Parteien die Vorschläge der “sparsamen vier” abgelehnt und Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrer Unterstützung für den deutsch-französischen Vorstoß versichert. Dieser Vorschlag sei die richtige Antwort in einer “historischen Situation”, in der die europäische Zusammenarbeit auf die Probe gestellt werde, sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Und ihr Parteifreund Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, sagte der “Süddeutschen Zeitung”: “Der Vorschlag der geizigen vier ist eine einzige Provokation, weil er das Problem nicht lösen, sondern verschärfen würde.” Von einem “verlogenen Schwarzfahrer-Vorschlag” sprach Franziska Brantner von den Grünen.Das ZEW Mannheim kam in einer Untersuchung des deutsch-französischen Vorschlags zum Ergebnis, dass Italien von diesem 500 Mrd. Euro dotierten Recovery Fund mit Nettofinanzhilfen von allenfalls 26 Mrd. Euro rechnen könnte. Deutschlands Nettobelastung könnte zwischen 23 Mrd. und 38 Mrd. Euro betragen. Größter Nettozahler in Relation zur eigenen Wirtschaftsleistung könnte aber Polen mit einem Beitrag von 10,4 Mrd. Euro werden, so das ZEW. Ein solcher Wiederaufbaufonds werde letztlich die dramatischen Finanzprobleme Italiens und Griechenlands nicht lösen können, erklärte Studienautor Friedrich Heinemann. Ökonomisch sei es aber richtig, dass jetzt auch Gelder von Osteuropa nach Südeuropa fließen.Das ZEW unterstellt, dass die Verteilung des Geldes entweder proportional zum Wachstumsverlust 2020 oder zusätzlich auch unter Berücksichtigung der Arbeitslosenzahlen erfolgt. Die Tilgung des schuldenfinanzierten Fonds beginne erst nach 2027 über den EU-Haushalt.