Debatte über Troika gewinnt an Fahrt

Bundesregierung spricht von "bewährtem Mechanismus" - EZB vor schwierigen Entscheidungen

Debatte über Troika gewinnt an Fahrt

Die Weigerung der griechischen Regierung, mit der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds zusammenarbeiten zu wollen, hat die Diskussion über die Form der künftigen Kooperation zwischen Griechenland und seinen Kapitalgebern angeheizt. Die EU-Kommission signalisiert – zumindest auf lange Sicht – Bereitschaft zu alternativen Formaten, weiß aber, dass jede Änderung die Zustimmung aller Euro-Regierungen braucht.ge/ms/fed Berlin/Brüssel – In Reaktion auf die Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Troika durch die neue griechische Regierung unterstrich ein Sprecher der EU-Kommission, Brüssel wolle über andere Formate nicht spekulieren – schon gar nicht, solange Athen nicht erklärt habe, wie sich Griechenland die künftige Kooperation vorstelle. Am Mittwoch wird Premierminister Alexis Tsipras zum Gespräch mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Brüssel erwartet. Der Sprecher erinnerte allerdings daran, dass Juncker “für die Zukunft” eine Ablösung der Troika durch ein anderes Verfahren der Kontrolle empfohlen habe – ein Signal, dass er den griechischen Wünschen, zumindest auf längere Sicht, generell aufgeschlossen gegenübersteht. Berlin hält gegenAnders die Reaktion in Berlin. Es gebe “keinen Anlass, von diesem bewährten Mechanismus abzuweichen”, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Bezugnahme auf die Troika. Das Finanzministerium betonte, die Kontrollen wie die der Troika seien beispielsweise im Vertrag zum Schutzschirm ESM verankert. Und dies sei nicht einseitig zu ändern. Trotz dieser klaren Ablehnung der forschen Athener Forderungen setzt Berlin auf einen Dialog mit dem neuen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Er sei “ein willkommener Gesprächspartner”, fügte Wirtz an. Eine Anfrage für einen Besuch in Berlin gebe es aber weiterhin nicht. Allerdings dürften sich beim EU-Gipfel am 12. Februar Bundeskanzlerin Angela Merkel und Tsipras begegnen. Das Finanzministerium bestätigte, dass ein Treffen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinem neuen Amtskollegen Giannis Varoufakis geplant ist. Verbale Abrüstung verlangtUnterdessen mahnte die SPD-Spitze von der neuen griechischen Regierung eine verbale Abrüstung an. Tsipras habe mit seiner Koalition “mit einer offen antisemitischen Partei einen Tabubruch begangen, der hoffentlich einmalig in Europa bleibt”, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi nach Beratungen des SPD-Präsidiums. “Wir lehnen es ab, mit dieser radikalen Rhetorik und diesem Aktionismus weiterzumachen.” Allerdings seien mehr Spielraum für Investitionen und Wachstum in der EU nötig.Angesichts der Entwicklungen in Athen und Brüssel richten sich die Blicke immer stärker auf die Europäische Zentralbank (EZB). Die Notenbank spielt für Griechenland aktuell eine zentrale Rolle: Die Hellas-Banken hängen am Tropf der EZB-Liquidität. Ende Dezember hatten sich die Institute rund 56 Mrd. Euro bei der Notenbank geliehen. Würde die EZB diese Refinanzierung stoppen, stünden die Institute vor dem Kollaps. Bei seiner nicht geldpolitischen Sitzung am morgigen Mittwoch dürfte der EZB-Rat auch über die Lage in Athen beraten. EZB in einer SchlüsselrolleDie EZB muss letztlich zwei Fragen beantworten: Die eine ist, wie lange sie griechische Staatsanleihen noch als Sicherheiten für ihre regulären geldpolitischen Geschäfte akzeptiert. Aktuell geschieht das nur aufgrund einer Sonderregel. Anfang Januar hatte die EZB aber klargemacht, dass diese Ausnahme unter anderem auf einer Nachfolgevereinbarung mit den Kreditgebern basiere. Wenn sich nun abzeichnet, dass es kein neues Programm gibt, ließe sich eigentlich argumentieren, dass diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt ist. In der Notenbank fragen sich aber zumindest einige, ob die EZB griechischen Banken diesen Geldhahn tatsächlich noch vor Ende Februar abdrehen sollte, wenn das EU-Hilfsprogramm ausläuft. Das würde die Situation sicher verschärfen.Die andere Frage ist die nach den Notfallkrediten ELA. Die gewährt die griechische Zentralbank zwar auf eigenes Risiko. Der EZB-Rat kann aber ab einer bestimmten Größenordnung widersprechen. Am 22. Januar hatte der EZB-Rat ELA-Hilfen für die vier größten Banken des Landes bewilligt, für zwei Wochen. Bei der morgigen Ratssitzung ist das Thema also wieder aktuell. Die Anforderungen an ELA sind geringer als bei den regulären geldpolitischen Geschäften. Aber das Instrument soll eigentlich nur kurzfristig zum Einsatz kommen, und auch ELA-Hilfen dürfen eigentlich nur solventen Banken gewährt werden.Die EZB steckt beim Thema Griechenland letztlich in einem Dilemma: Einerseits sieht sie die aktuelle Entwicklung mit großer Sorge und will eine Verschärfung vermeiden – zumal es dem Vernehmen nach weiter substanzielle Kapitalabflüsse aus Griechenland gibt. Andererseits muss sie ihre Regeln beachten und gegebenenfalls reagieren. Die EZB hat dabei durchaus Drohpotenzial: Im Fall Zyperns hatte sie im März 2013 öffentlich mit dem Ende der ELA-Hilfen gedroht, falls sich das Land nicht auf ein Programm mit den Geldgebern von EU und IWF einigen würde. Kurz darauf gab es diese Einigung.