Debatte um Abschöpfung von Oligarchen-Vermögen
ahe Brüssel
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs will die EU-Kommission die Regeln zur Vermögensabschöpfung und Beschlagnahmung etwa von Oligarchen-Vermögen verschärfen und zugleich das Umgehen von Sanktionen EU-weit als Straftat definieren. Verstöße sollen daher auf eine „Liste der Straftaten mit europäischer Dimension“ aufgenommen werden, wie EU-Justizkommissar Didier Reynders in Brüssel ankündigte. Dies soll es ermöglichen, einen gemeinsamen Mindeststandard für Strafen festzulegen. Aktuell ist das Umgehen von Sanktionen nur in zwölf EU-Staaten eine Straftat.
Nach dem Willen der Brüsseler Behörde sollen nationale Behörden künftig in dringenden Fällen auch frühzeitig Vermögen einfrieren können, bevor es etwa außer Landes geschafft werden kann – auch, wenn das Strafverfahren noch läuft. Enteignungen sollen in bestimmten Fällen auch möglich werden, wenn es keine Verurteilung gibt. Bislang sind russische Vermögenswerte oft lediglich eingefroren, aber nicht beschlagnahmt. Teilweise wird gefordert, dies zu tun und sie zu verwenden, um den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren. Eingefroren hat die EU seit Kriegsbeginn bislang rund 10 Mrd. Euro an physischen Werten und 20 Mrd. Euro an Bankguthaben russischer Oligarchen. Nach bisheriger Rechtslage setzt eine Beschlagnahmung eine vorherige Verurteilung voraus. Dann dürfen auch nur Vermögenswerte herangezogen werden, die in direktem Zusammenhang mit dem Verbrechen stehen.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zeigte sich offen dafür, eingefrorene russische Währungsreserven für den Wiederaufbau in der Ukraine zu nutzen. Kritischer sieht er einen solchen Schritt bei den Vermögen der Oligarchen, wie ihn die EU-Kommission erwägt. „Eine solche Einziehung müsste die Vorgaben des Grundgesetzes und des Europäischen Rechts wahren“, sagte er dem „Handelsblatt“. Enteignungen müssten entschädigt werden. Darum wäre wenig gewonnen, wenn man jemandem ein Schiff wegnähme, aber den Wert ausgleichen müsse.