US-VORWAHLEN

Der alte und neue Favorit

Mit atemberaubendem Tempo hat sich bei den US-Demokraten das Blatt gewendet. Nach seinem schwachen Abschneiden bei den ersten Vorwahlen wollte fast niemand daran glauben, dass der ehemalige Vizepräsident Joe Biden den "Super Tuesday" überstehen...

Der alte und neue Favorit

Mit atemberaubendem Tempo hat sich bei den US-Demokraten das Blatt gewendet. Nach seinem schwachen Abschneiden bei den ersten Vorwahlen wollte fast niemand daran glauben, dass der ehemalige Vizepräsident Joe Biden den “Super Tuesday” überstehen würde. Biden hat den bisher wichtigsten Abend der Vorwahlen aber nicht nur überstanden. Nun steht er als Favorit da, dem die Nominierung schwer zu nehmen sein wird. Entscheidend war dafür ein beispielloser Kraftakt seitens der Etablierten in der Partei. Sie wollen verhindern, dass Präsident Donald Trump nur deswegen vier weitere Jahre im Amt bleibt, weil sie als Kandidaten einen Sozialisten aufstellen, dessen Positionen den meisten Wählern zu links sind. Folglich zogen sie nach Bidens Sieg am Samstag in South Carolina an einem Strang: Ein prominenter Demokrat nach dem anderen sagte ihm seine Unterstützung zu. Der ehemalige Präsident Barack Obama rief die Kandidaten Pete Buttigieg sowie Amy Klobuchar an, überredete sie dazu, das Handtuch zu werfen und sich ebenfalls hinter seinen früheren Vize zu stellen. Spender drehten wieder den Geldhahn auf, und natürlich spielten auch Medien eine Rolle, die Biden zum neuen Liebling erklärten. Dass Biden ein solider Kandidat ist, ist unbestritten. Er ist politisch moderat und kann unentschlossene Wechselwähler auf sich vereinigen. Das wird in Staaten wie Pennsylvania, Michigan, Wisconsin und Ohio wichtig sein, wo Trumps politische Basis beheimatet ist. Viele von ihnen arbeiten in der Industrie und haben von dem Aufschwung am Arbeitsmarkt, den sich der Präsident an seine Fahnen heftet, wenig gespürt. Diese könnten durchaus bereit sein, das Lager zu wechseln und einem Demokraten, der ebenfalls einer Arbeiterfamilie entstammt, ihre Stimme zu schenken. Hilfreich ist auch, dass der Multimilliardär Michael Bloomberg das Handtuch geworfen hat. Dessen finanzielle Ressourcen werden Biden einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen.Ohne Risiken ist diese Strategie aber nicht. Zum einen deswegen, weil der neue Favorit Schwächen hat. Biden hat Gedächtnislücken und gibt im Fernsehen, wo US-Wahlen entschieden werden, nicht immer eine gute Figur ab. Die größte Gefahr: dass sich Sanders wie auch 2016 übervorteilt fühlt und seine progressiven Wähler sich gegen Biden wenden. Sanders und Biden müssen sich zusammenraufen, sonst könnten die Demokraten gegen Trump ein ähnliches Schicksal erleiden wie vor vier Jahren.