Der Brüsseler Billionen-Plan

EU-Kommission legt Finanzierungspaket für Green Deal vor - Streit um Hilfsgelder für Deutschland

Der Brüsseler Billionen-Plan

Die EU-Kommission will in den nächsten zehn Jahren mindestens 1 Bill. Euro an klimafreundlichen Investitionen mobilisieren. Dazu soll auch ein Hilfsfonds für besonders betroffene Regionen beitragen. Die Brüsseler Behörde sieht dies als einen ersten Schritt an. Zum Umbau der Wirtschaft wird noch mehr Geld nötig sein.ahe Brüssel – Der nachhaltige Umbau der europäischen Wirtschaft soll nach dem Willen der EU-Kommission mit Investitionen von mindestens 1 Bill. Euro bis 2030 vorangetrieben werden. Die Brüsseler Behörde bestätigte gestern den bereits vorab bekannt gewordenen Finanzierungsplan für ihren Green Deal, der im Wesentlichen auf Gelder aus dem EU-Budget, auf Garantien für private Investitionen, auf einen Hilfsfonds für besonders Betroffene sowie auf nationale Ko-Finanzierungen setzt (siehe Grafik). Die EU-Kommission will vor allem eine Investitionsoffensive in die Energieeffizienz von Wohn- und Geschäftsgebäuden, sieht aber auch im Transport- und Stromsektor noch einen hohen Investitionsbedarf. Allein um die Klimaziele für 2030 zu erreichen, würden pro Jahr mehr als 260 Mrd. Euro an zusätzlichen klimafreundlichen Investitionen benötigt, hieß es.EU-Kommissionsvize Frans Timmermans, der den Green Deal federführend betreut, verwies vor dem EU-Parlament in Straßburg vor allem auch auf den neuen “Mechanismus für einen gerechten Übergang” (Just-Transition-Mechanismus), der im Zeitraum 2021 bis 2027 besonders betroffenen Regionen, Unternehmen und Arbeitnehmern mindestens 100 Mrd. Euro für Investitionen bereitstellen soll. Timmermans sprach von einem Signal vor allem an die Kohleregionen in Europa. Die 100 Mrd. Euro seien ein erster Schritt.Kommissionsvize Valdis Dombrovskis verwies in Straßburg noch einmal darauf, dass der Green Deal langfristig angelegt sei. Die Europäische Union sei auch nicht an einem Tag errichtet worden, und ein grünes Europa werde auch nicht über Nacht geschaffen. “Damit die Frage der Nachhaltigkeit im Zentrum unserer Investitionsentscheidungen steht, ist ein Umdenken erforderlich. Wir haben heute einen wichtigen Schritt in diese Richtung unternommen”, betonte Dombrovskis.Bei dem geplanten Übergangsfonds sollen Hilfsgelder nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel vergeben werden, bei dem auch der relative Wohlstand der einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigt wird. Nach Informationen des CDU-Europaabgeordneten Peter Liese hatte es im Verlauf der Diskussion auf Kommissionsebene Streit über die Rolle Deutschlands gegeben. Offensichtlich hätten einige sozialdemokratische und sozialistische Kommissare die Position vertreten, dass Deutschland von dem Fonds nicht profitieren solle, erklärte Liese, der dies als “Skandal” bezeichnete. Beifall auch aus BerlinDeutschland sei im Moment der Mitgliedstaat, der die meiste Kohle verfeuere, zugleich aber einen klaren politischen Beschluss habe, aus der Kohle und auch aus der Kernenergie auszusteigen. “Man kann dem größten Nettozahler nicht vermitteln, dass zusätzliche Haushaltsmittel bereitgestellt werden und ein Thema, das bei uns so virulent ist, in Deutschland nicht finanziert werden kann”, kritisierte Liese.Grundsätzlich positive Reaktionen für den Investitionsplan der EU-Kommission kamen allerdings auch aus der Bundesregierung. Der Green Deal für ein klimaneutrales Europa sei auch eine Wachstumsstrategie, erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).Umweltschützer und Gewerkschaften kritisierten allerdings, dass vergleichsweise wenig neue Haushaltsmittel eingeplant seien. Der Plan für nachhaltige Investitionen sei “wenig mehr als die hübsche Verpackung eines leeren Pakets”, monierte der Umweltverband WWF. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold unterstrich, die EU-Kommission stecke bei der Finanzierung des Green Deals in einem Dilemma, weil sie dabei auf die Mitgliedstaaten angewiesen sei. Der Finanzierungsplan stehe “auf wackligen Beinen”. Die EU-Kommission rechne mit Milliardenbeträgen, die ihr derzeit gar nicht zur Verfügung stehen. Die SPD-Europaabgeordnete Constanze Krehl monierte, bestehende Mittel umzuschichten, gerade aus den Strukturfonds, sei der falsche Weg. “Es ist niemandem geholfen, wenn plötzlich erfolgreichen regionalen Initiativen in Wissenschaft und Forschung weniger Geld für Forschung zur Verfügung steht. Das wäre das Gegenteil von gerecht.”Der europäische Industrie-Dachverband Businesseurope bezeichnete den Finanzierungsplan der EU-Kommission als wichtigen Schritt, um die aktuelle Investitionslücke in Europa zu schließen, den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu erleichtern und die langfristige Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit Europas zu steigern. Es müsse aber sichergestellt werden, dass die Investitionen in Bereiche mit nachweisbarem Mehrwert flössen. Die Investitionen des Privatsektors dürften durch öffentliche Mittel nicht verdrängt werden.