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Der Club der Triple-A-Anleihen wird immer exklusiver

Von Dietegen Müller, Frankfurt Börsen-Zeitung, 20.7.2016 Länderratings stehen weltweit unter Druck. Seit Anfang des Jahres hat die Ratingagentur Moody's etwa 30 Länder herabgestuft, wie eine Zusammenstellung für die Börsen-Zeitung zeigt. Nur drei...

Der Club der Triple-A-Anleihen wird immer exklusiver

Von Dietegen Müller, FrankfurtLänderratings stehen weltweit unter Druck. Seit Anfang des Jahres hat die Ratingagentur Moody’s etwa 30 Länder herabgestuft, wie eine Zusammenstellung für die Börsen-Zeitung zeigt. Nur drei Länder – darunter Irland – wurden hochgestuft. Fitch erwartet in diesem Jahr sogar ein “Rekordjahr” für Länderrating-Herabstufungen. Und bei S & P stehen 36 Länder mit negativem Ausblick nur 6 mit positivem gegenüber.Staaten mit allerhöchster Einstufung – Triple A – sind rar geworden. Die gestiegene Verschuldung vieler Staatshaushalte nach der Finanzkrise ließ reihenweise erstklassige Ratings purzeln. Zwei politische Entscheidungen führen dazu, dass der Kreis der von allen drei großen Ratingagenturen mit Höchstnote bedachten Staaten wohl weiter schrumpft. Nach dem Brexit-Votum hat S & P Großbritannien von Triple A um zwei Stufen auf “AA” mit negativem Ausblick zurückgestuft. Wackelkandidat AustralienAuch die Top-Benotung von Australien ist nach der Parlamentswahl von Anfang Juli ins Wanken geraten, da die Bildung einer stabilen Regierung schwierig wird. S & P hat aufgrund einer womöglich schwierigeren Haushaltskonsolidierung deshalb den Ausblick auf “negativ” gesenkt, im ungünstigen Fall droht ein Verlust des Triple-A-Ratings. Eine Analyse von S & P zu den Folgen der globalen Alterung der Gesellschaft auf Länderratings kam bereits 2013 zu dem Schluss, dass ohne Änderung der Rahmenbedingungen etwa ab 2030 gar keine Staaten mehr eine Bonität allerhöchster Kreditwürdigkeit haben.Großbritannien und Australien sind in bester Gesellschaft. Die USA haben ihr Triple A durch S & P schon 2011 eingebüßt, 2012 – als Nachwehe der europäischen Schuldenkrise – folgten unter anderem Österreich und Frankreich, 2014 war Finnland dran. In der Eurozone sind derzeit noch Deutschland, die Niederlande und Luxemburg von Fitch, Moody’s und S & P mit Top-Bonität eingestuft. Auch die Schweiz zählt mit Liechtenstein zu diesem exklusiven Kreis, mit Dänemark, Kanada, Norwegen, Schweden und Singapur. Australien eingeschlossen sind das elf Länder. Durch die Hochstufung der Niederlande im vergangenen Jahr hat sich trotz der Abstufung der Briten ein Elfer-Klub erhalten. Top-Einstufungen, aber nicht von allen drei großen Agenturen, genießen zudem noch Hongkong und die USA.Noch seltener als bei Staaten sind Triple-A-Noten im Unternehmenssektor. Gab es in den USA zu Beginn der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts noch über 90 Adressen mit Top-Bonität, ist diese Zahl auf eine geschrumpft: nur Johnson & Johnson trägt bei allen drei großen Agenturen das höchste Gütesiegel. Microsoft hatte bei Fitch schon länger kein Triple A mehr. Europäische Unternehmen wie Novartis, Nestlé oder Shell haben ihre Top-Einstufung schon längst verloren. Das letzte deutsche Unternehmen mit Triple A war Siemens – im Jahr 1998. Die Stufe runterFür Anleger stellt sich die Frage, ob es einen Ersatz für den schrumpfenden Triple-A-Markt gibt. Derzeit machen in Europa Triple-A-Anleihen aber noch rund ein Viertel des ausstehenden Benchmark-Volumens gemessen am BofA Merrill Lynch EMU Broad Market Index aus, erklärt Oddo Seydler. Dominiert wird der “AAA”-Markt von deutschen Staatsanleihen (41 %). Felix Herrmann, Kapitalmarktstratege beim US-Vermögensverwalter BlackRock, meint, mit Blick auf Top-Bonitäten könne es einen wirklichen Ersatz dafür nicht geben. “Ein Investor hat drei Möglichkeiten: Abschläge bei der Bonität in Kauf zu nehmen, Abschläge in der Gläubigerrangordnung zu akzeptieren oder die niedrigen Renditen auf Staatstitel mit hoher Bonität hinzunehmen.” Als eine Art Ersatz böten sich Bonds von Unternehmen mit sehr guter Bonität an. Für eine höhere Rendite empfehle es sich, in der Kapitalstruktur des Unternehmens hinabzusteigen, statt auf Firmen zu setzen, die eine schlechtere Bonität haben, so Herrmann.Auch Florian Weber, Anleihestratege der Bank J. Safra Sarasin, meint, generell müssten Investoren entweder Währungs-, Durations- oder Kreditrisiken in Kauf nehmen, wenn sie positive Renditen erzielen wollen. Er bevorzuge als direkte Alternative US-Staatspapiere insbesondere mit längerer Laufzeit. Uwe Pyde, Portfoliomanager des Anleihemanagers Bantleon, fügt an, eine Top-Einstufung entscheide nicht allein über die Qualität einer Anleihe oder eines Emittenten. So definiere der Internationale Währungsfonds etwa fünf Währungen als offizielle Reservewährung. Staatsanleihen aus China, Großbritannien und Japan würden zwar kein Triple A tragen. Doch sei neben der Bonitätsnote “auch das Vertrauen in die Solidität der Haushalts- und Finanzpolitik eines Staates ein wesentliches Kriterium”.Außer hochqualitativen Staatsanleihen empfiehlt Pyde sicherheitsorientierten Investoren Anlagen in gedeckte Anleihen (Covered Bonds) sowie in bonitätsstarke Unternehmensanleihen. Der Covered-Bond-Markt habe sich nach den Verwerfungen der Finanzkrise und seit dem Preisverfall auf den Immobilienmärkten in der Eurozonen-Peripherie stabilisiert und erholt. Titel aus Euro-Kernstaaten sowie von Emittenten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) böten hier attraktive Renditeaufschläge gegenüber ihren jeweiligen Staatsanleihenmärkten. Ähnliches gelte für Unternehmensanleihen guter Bonität, die im Euroraum seit letztem Monat zudem von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) profitierten. Auch SchwellenländerReiner Back, Head of Portfoliomanagement Fixed Income des Vermögensverwalters Meag, sieht als Alternative “zunächst Emerging-Markets-Anleihen”. Der von den USA ausgehende Zinsanstieg lasse länger auf sich warten, was solche Anleihen unterstütze. Bei einer Kombination aus gestiegenen Renditen und gesunkenen Wechselkursen werde insbesondere in Lokalwährung das Risiko “noch gut kompensiert”. Staaten mit günstigen Fundamentaldaten seien zu bevorzugen. Daneben böten sich Unternehmensanleihen aus Industrieländern und ausgewählten Schwellenländern sowie Covered Bonds an. Einige Vermögensverwalter wie etwa Muzinich setzen auf High-Yield-Anleihen, die auch mit Blick auf die Duration “wesentlich attraktiver” seien als Investment-Grade-Papiere.