Diskussion um Währungsgemeinschaft

Der Euro zwischen Stabilität und Abhängigkeit

Die Eurozone hat seit ihrer Gründung vor 25 Jahren zahlreiche Mitglieder gewonnen. Weitere Staaten möchten möglichst zeitnah beitreten. Über die Vor- und Nachteile der Währungsunion hat auf einer Veranstaltung der Oesterreichischen Nationalbank gleich eine ganze Reihe von Notenbankern angeregt diskutiert.

Der Euro zwischen Stabilität und Abhängigkeit

Zwischen Stabilität und Abhängigkeit

Notenbanker diskutieren über die Vor- und Nachteile des Euro als Währung – Mehrere Beitrittskandidaten in Europa

Die Eurozone hat seit ihrer Gründung vor 25 Jahren zahlreiche Mitglieder gewonnen. Weitere Staaten möchten möglichst zeitnah beitreten. Über die Vor- und Nachteile der Währungsunion hat auf einer Veranstaltung der Oesterreichischen Nationalbank gleich eine ganze Reihe von Notenbankern angeregt diskutiert.

mpi Frankfurt

Während einige europäische Länder unbedingt den Euro einführen wollen, hat es Tschechien damit alles andere als eilig. Dies machte Eva Zamrazilová, Vizepräsidentin der tschechischen Notenbank bei einer Diskussionsrunde unter Notenbankern deutlich. „Wir sind sehr zufrieden damit, als Notenbank unsere eigene Geldpolitik zu haben“, sagte Zamrazilová auf einer Veranstaltung der Oesterreichischen Nationalbank.

Deutlich früher als in der Eurozone habe die Inflation in Tschechien aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine angezogen. Dementsprechend schneller reagierten die Notenbanker in Prag mit Zinserhöhungen. „Ich befürchte, dass die Inflation in Tschechien jetzt höher wäre, wenn wir die Geldpolitik der EZB gehabt hätten“, sagte Zamrazilová.

Heterogene Eurozone

Die Notenbankerin spricht damit eine Schwierigkeit der Geldpolitik der EZB an. Wirtschaftswachstum, Inflation und Fiskalpolitik unterscheiden sich mitunter deutlich zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten. Die EZB kann nicht für alle Länder die genau passende Geldpolitik wählen, sondern richtet sich nach den Daten für die gesamte Währungsgemeinschaft. Diese werden vor allem von den großen Volkswirtschaften wie Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien beeinflusst. Kleine Länder haben aufgrund ihrer geringen Wirtschaftskraft weniger Gewicht. Dementsprechend ist die Geldpolitik der EZB meistens passender für die großen Volkswirtschaften der Eurozone.

Während Tschechien mit dem Euro fremdelt, möchte Bulgarien der Währungsunion so bald wie möglich beitreten. „70% der Volatilität bei der Inflation in Bulgarien ist wegen der Volatilität des Wechselkurses zum Euro“, führte Petar Chobanov, Vizepräsident der bulgarischen Notenbank, als eines der Argumente für einen Beitritt an. Bulgarien steht auf der Liste der EU-Mitglieder, die rechtlich verpflichtet sind, den Euro irgendwann einzuführen. Dazu zählen auch Polen, Rumänien, Schweden, Ungarn – und Tschechien.

Mehr Wirtschaftswachstum

Ein Schritt, den Kroatien bereits 2023 gegangen ist. „Kein Zweifel, der Euro hilft dabei, das Wirtschaftswachstum in Kroatien zu stärken“, sagte der kroatische Notenbankpräsident und EZB-Ratsmitglied Boris Vujčić. So habe sich etwa das Rating Kroatiens infolge der Euro-Mitgliedschaft direkt um zwei Notches verbessert, mit entsprechenden Auswirkungen für die Finanzierungskonditionen. „Außerdem mussten die Zinssätze in Kroatien in der Vergangenheit höher sein, um die Inflation einzudämmen, als es jetzt der Fall ist als Euro-Mitglied“, sagte Vujčić. Nun seien etwa die Zinssätze für Unternehmenskredite in Kroatien etwas geringer als in Deutschland.

Vujčić führte zudem an, dass die Unabhängigkeit in der Geldpolitik für einen kleinen europäischen Staat ohne Euro eine Illusion sei. Letztlich müsse man sich an der EZB orientieren, da der Wechselkurs zum Euro eine wichtige Rolle für die eigene Wirtschaft spiele. Der slowakische Notenbankpräsident und EZB-Rat Peter Kažimír sieht im Euro eine Unterstützung für ausländische Investitionen in seinem Land. Er räumte zugleich ein, dass die entscheidende Rolle für Investoren jedoch nicht die Landeswährung, sondern die Standortbedingungen spielen.

Weniger Haushaltsdisziplin

Dem stimmte die tschechische Notenbankvizepräsidentin Zamrazilová zu. Als Gegenargument für eine Euro-Mitgliedschaft führte sie zudem auf, dass die Haushaltsdisziplin als Euro-Mitglied geringer sei. Der Euro sei durch die Währungsgemeinschaft eine Art „Schutzschirm“ für neue Schulden. Tatsächlich fällt auf, dass die Schuldenquote in vielen europäischen Ländern außerhalb der Eurozone ziemlich gering ist. Bulgarien hatte im vergangenen Jahr eine Schuldenquote von 22,9%. Auch Tschechien, Schweden, Polen, Dänemark und Rumänien liegen deutlich unter 60%. Ausreißer ist Ungarn mit 73,4%, was allerdings ebenfalls deutlich unter dem Schnitt der Euro-Staaten von 87,4% liegt.

Montenegro muss vom Euro nicht überzeugt werden. Der Balkanstaat gab 1999 wegen Hyperinflation seine Währung auf und führte einseitig die deutsche Mark ein. Dies war möglich, weil ohnehin viele Mark in dem Land im Umlauf waren. Mit der Einführung des Euro wurde das Geld in die Gemeinschaftswährung umgetauscht. „Mein Wunsch ist, dass in den nächsten 25 Jahren viele der Balkanländer Mitglieder der Eurozone sind“, sagte Irena Radović, Notenbankpräsidentin in Montenegro. Bis dahin ist auch Montenegro womöglich offizielles Euro-Mitglied und nicht nur de facto.


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