US-Klimagesetz

Der Spielverderber

US-Präsident Joe Biden kann sein teures Gesetzesprojekt zur Bekämpfung des Klimawandels und den Ausbau des Sozialsystems zu den Akten legen. In den Rücken gefallen ist ihm ausgerechnet ein demokratischer Parteifreund.

Der Spielverderber

Joe Manchin zählt zu jenen Politikern in Washington, von denen man nur dann Notiz nimmt, wenn ihr Votum bei wichtigen Gesetzesabstimmungen das Zünglein an der Waage ist. Nun sonnt sich der demokratische Senator aus West Virginia seit Wochen im Rampenlicht der Medien und genießt es, vom Präsidenten hofiert zu werden, dessen politische Agenda maßgeblich von Manchins Zustimmung zu seinem Klima- und Sozialgesetz abhängt. Am Sonntag sprach der Parlamentarier dann ein Machtwort: Mit gutem Gewissen könne er das knapp 1,8 Bill. Dollar teure Gesetzespaket, das allein für die Be­kämpfung des Klimawandels mehr als 550 Mrd. Dollar vorsieht, nicht absegnen. Damit dürfte Bidens historische Ini­tiative zum Scheitern verurteilt sein.

Manchins Kehrtwende illus­triert die Verlogenheit der politischen Akteure in Washington. Begründet hat er seine Entscheidung mit den potenziell inflationären Auswirkungen des billionenschweren Pakets und der Tatsache, dass das sogenannte „Build Back Better“-Gesetz die Staatsverschuldung weiter hochtreiben würde. Das wusste er aber auch vor dem leidigen Tauziehen um das Ausgabenprogramm. Manchins Motivation dürfte in Wirklichkeit in der Angst vor den eigenen Wählern bestehen.

Schließlich ist West Virginia der zweitgrößte Kohleproduzent in den USA. Dem Übergang zu erneuerbaren Energien steht man in dem republikanischen Staat, der zweimal mit klaren Mehrheiten für Donald Trump stimmte, misstrauisch und größtenteils ablehnend gegenüber. Darunter mischt sich aber auch die Furcht vor Trump und den Republikanern. Gibt er jene Stimme ab, die in dem tief gespaltenen Senat Bidens Gesetzesinitiative über die Ziellinie bringt, kann Manchin fest davon ausgehen, dass Trump und seine Partei alles in ihrer Macht Stehende unternehmen werden, um dessen nächste Kandidatur zu torpedieren.

Die Enttäuschung bei den Demokraten ist verständlich. Schließlich hatte der progressive Parteiflügel, der ursprünglich ein doppelt so teures Paket gefordert hatte, bedeutende Abstriche gemacht. Auch hatte Manchin dem Präsidenten offenbar fest versprochen, dass er das Gesetz in seiner schlankeren Form unterstützen werde.

Biden will nicht aufgeben und seinem Parteikollegen ins Gewissen reden. Das muss er auch, denn der Präsident hat keine Wahl. In der Wählergunst ist er nämlich tief gefallen, und ohne das Gesetz dürften die demokratischen Mehrheiten im Kongress nach den Wahlen im kommenden November der Vergangenheit angehören.