CHINA

Der verdächtig stabile Yuan

Vor genau einem Monat hat China mit einer Anpassung seines Wechselkurssystems und einer Abwertung des Yuan gegenüber dem Dollar einen enormen Wirbel an den Finanzmärkten verursacht. Dieser hat sich bis heute noch nicht gelegt. Für Chinas Premier und...

Der verdächtig stabile Yuan

Vor genau einem Monat hat China mit einer Anpassung seines Wechselkurssystems und einer Abwertung des Yuan gegenüber dem Dollar einen enormen Wirbel an den Finanzmärkten verursacht. Dieser hat sich bis heute noch nicht gelegt. Für Chinas Premier und obersten Wirtschaftslenker Li Keqiang war der gestrige Redeauftritt auf dem Weltwirtschaftsforum in Dalian daher eine weitere Gelegenheit, um die Gemüter zu beruhigen.Li versichert, dass es gelingen wird, die schwächelnde Konjunktur auf einem vernünftigen und stabilen Wachstumspfad und den Yuan auf einem vernünftigen und stabilen “Gleichgewichtskurs” zu halten. Für Ersteres bedarf es wohl weiterer geld- und fiskalpolitischer Stimulierungsmaßnahmen, für Letzteres einer Stabilisierung der Markterwartungen. Diese versucht Chinas Zentralbank derzeit mit massiven Interventionen zu beeinflussen. Das findet seinen optischen Niederschlag in der rekordhohen Abschmelzung der chinesischen Fremdwährungsreserven um 93 Mrd. Dollar allein im August.Dahinter stehen massive Dollarverkäufe, mit denen die People’s Bank of China (PBOC) zu verhindern versucht, dass der Yuan den vom neuen Wechselkursregime geschaffenen Freiraum für einen stärker marktgetriebenen Kurstrend auch tatsächlich ausnutzt.Die Maßnahme war in erster Linie als Liberalisierungsschritt gedacht, der die Chancen erhöhen soll, dass der Yuan demnächst vom Internationalen Währungsfonds (IWF) als offizielle Reservewährung akzeptiert wird. Dieser Part scheint tatsächlich gelungen, die Sache mit der Marktorientierung ist aber eine zweischneidige Angelegenheit: Angesichts latenter Konjunkturschwäche steht der Yuan marktseitig weiter unter Abwertungsdruck. Würde die PBOC ihm völlig nachgeben, käme es zu neuen Marktverwerfungen, weiterem Druck auf andere Schwellenländerwährungen und neuen Verdächtigungen, dass China einen Abwertungswettlauf oder gar Währungskrieg inszeniert.Lis Botschaft ist eindeutig genug: China will mit allen Mitteln verhindern, dass sich der Yuan im weiteren Jahresverlauf gegenüber dem Dollar signifikant abschwächt. Damit die Botschaft aber an den Märkten ankommt, hat die PBOC derzeit keine andere Wahl, als mit neuen Interventionen und inzwischen auch verschärften Kapitalkontrollen eine größere Ausstiegswelle aus dem Yuan zu verhindern. Das passt zwar nicht zum marktorientierteren Wechselkurssystem, aber die nervösen Märkte lassen China derzeit keine andere Chance.