Außenpolitik

Deutsche China-Risiken sollen sinken

Deutschland hat erstmals eine eigene nationale China-Strategie. Diese stuft das Land der Mitte deutlich stärker als systemischen Rivalen denn als Partner ein, der das Land aber ebenfalls bleiben soll. Die Wirtschaft wird ausdrücklich aufgefordert, sich am Abbau von Risiken und Abhängigkeiten zu beteiligen.

Deutsche China-Risiken sollen sinken

Deutsche China-Risiken sollen sinken

Ampel einigt sich auf neue Strategie – Investitionsprüfungen noch offen – Beifall auch aus der Wirtschaft

Deutschland hat erstmals eine eigene nationale China-Strategie. Diese stuft das Land der Mitte deutlich stärker als systemischen Rivalen denn als Partner ein, der das Land aber ebenfalls bleiben soll. Die Wirtschaft wird ausdrücklich aufgefordert, sich am Abbau von Risiken und Abhängigkeiten zu beteiligen.

ahe Berlin

Nach monatelangen internen Diskussionen hat sich die Ampel-Koalition auf eine deutsche China-Strategie verständigt. Mit dem gut 60-seitigen Papier, das am Donnerstag vom Bundeskabinett gebilligt wurde, sollen wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten und Risiken benannt und Wege aufgezeigt werden, wie Deutschland auch künftig mit China zusammenarbeiten kann, ohne die eigene freiheitlich-demokratische Lebensweise und die eigene Souveränität zu gefährden. Unternehmen werden ausdrücklich aufgefordert, geopolitische Risiken bei Investitionsentscheidungen zu beachten. Eine Entkopplung der Volkswirtschaften wird in der Strategie zwar noch einmal ausdrücklich abgelehnt, eine Minderung von Risiken (“De-Risking”) zugleich aber als “dringend geboten” bezeichnet. “China hat sich verändert – dies und die politischen Entscheidungen Chinas machen eine Veränderung unseres Umgangs mit China erforderlich”, heißt es in dem Papier.

“Wir arbeiten mit China weiter zusammen, auch wirtschaftlich oder beim Klimaschutz – die China-Strategie gibt unseren Beziehungen einen neuen Rahmen”, twitterte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Es gehe unter anderem darum, künftig kritische Abhängigkeiten zu vermeiden.

Auf eine detaillierte Vorstellung der neuen Strategie verzichtete die Bundesregierung. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) stellte sich dafür im Berliner China-Institut Merics einer Diskussionsrunde. Deutschland müsse seine wirtschaftliche Sicherheit stärker in den Mittelpunkt stellen, betonte sie dort. “Und das heißt vor allen Dingen, Klumpenrisiken, die eben nicht nur Einzelne betreffen, sondern eine gesamte Volkswirtschaft, minimieren. Deshalb werden Unternehmen, die sich im hohen Maße vom chinesischen Markt abhängig machen, in Zukunft das finanzielle Risiko verstärkt selbst tragen müssen.”

Mehr Rivale denn Partner

In der China-Strategie hieß es hierzu, dass es im Falle einer geopolitischen Krise nicht dazu kommen dürfe, dass staatliche Mittel zur Rettung von Unternehmen mit entsprechenden Klumpenrisiken bereitgestellt werden müssen. Verwiesen wird zudem darauf, dass der allgemeingültige Deckungsplafonds für Investitionsgarantien von 3 Mrd. Euro pro Unternehmen pro Land auch für China gelte und solche Garantien – ebenso wie Exportkreditgarantien – einer vertieften Prüfung unterzogen würden.

Keine klare Aussage gab es in der Strategie zur umstrittenen Prüfung von Investitionen in China, vor der insbesondere Wirtschaftsverbände gewarnt hatten. In dem Papier heißt es lediglich, dass Investitionsprüfungen ein Mittel sein könnten, um etwa im Technologiesektor neue Risiken zu vermeiden. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums verwies darauf, dass aktuell ohnehin bereits an einer Reform des Investitionsprüfrechts gearbeitet werde. Hier werde auch die China-Strategie einfließen. Zu konkreten Auswirkungen wollte er sich allerdings nicht äußern.

China wird von der Bundesregierung grundsätzlich weiter als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale beschrieben. Aber die deutlich kritischere Einschätzung Chinas, das etwa eine engere Partnerschaft mit Russland anstrebt, wird an mehreren Stellen deutlich. So heißt es etwa: “Die systemische Rivalität zeigt sich darin, dass Deutschland und China in wichtigen Bereichen unterschiedliche Vorstellungen über die Prinzipien der internationalen Ordnung haben.” Mit Sorge betrachte die Bundesregierung Bestrebungen Chinas, die internationale Ordnung “entlang der Interessen seines Einparteiensystems zu beeinflussen”.

In ersten Reaktionen wurde die China-Strategie positiv aufgenommen – auch von der Wirtschaft. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sprach von einem “ausbalancierten Ansatz”. Allerdings gebe es bei der konkreten Ausgestaltung noch Diskussionsbedarf, wie etwa bei einer möglichen Investitionskontrolle. DIHK-Präsident Peter Adrian verwies darauf, dass es noch an klaren Maßnahmen und Instrumenten zur Flankierung der Diversifizierung der Unternehmen fehle.

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