Deutsche holen beim Vermögen auf
Das Vermögen der deutschen Privathaushalte liegt nach wie vor deutlich unter jenem in den meisten Nachbarstaaten. Die in den Jahren 2010 bis 2014 fallenden Immobilienpreise haben den Abstand allerdings etwas schrumpfen lassen, meldet nun die EZB auf der Basis einer neuen Haushaltsumfrage.Von Stephan Lorz, FrankfurtDie Vermögensungleichheit in der Eurozone ist zwischen 2010 und 2014 wieder etwas größer geworden. Das geht aus der zweiten Befragungswelle der Europäischen Zentralbank (EZB) hervor. Die Notenbanker haben hierzu 84 000 Privathaushalte in 18 Euro-Staaten sowie Polen und Ungarn über ihre Einkommen, ihr Vermögen, ihre Verschuldung und ihren Konsum befragt. Die Daten geben nach Angaben der EZB Einblick in das Verhalten und die finanzielle Lage der Privathaushalte, was für die Geldpolitik und die Finanzstabilität im Währungsraum von hoher Relevanz sei.Zuletzt wurde der EZB vorgeworfen, mit ihrer ultralockeren Geldpolitik und mit Negativzinsen die Vermögensungleichheit eher weiter zu vergrößern, weil Sparer benachteiligt und Besitzer von hohen – meist in Substanzwerten angelegten – Vermögen begünstigt würden. Studien hierzu kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, was auch mit der Anlagestruktur und dem Anlageverhalten sowie der Verschuldungsstruktur in den einzelnen Ländern zu tun hat, die sehr unterschiedlich ausfallen. Allerdings bildet auch die EZB-Studie nicht alle Vermögen gleichermaßen ab, weil etwa im Fall Deutschlands die gesetzlichen Rentenzusagen nicht einberechnet werden.Als vor einigen Jahren die Ergebnisse der ersten Befragungsrunde veröffentlicht worden waren für das Jahr 2010, war die Empörung hierzulande groß. Denn das Vermögen der Deutschen fiel deutlich geringer aus als in den Haushalten jener Länder, die mit deutschen Steuergeldern in der Finanzkrise unterstützt wurden.Daran hat sich auch in jüngerer Zeit nichts geändert, wie die neue Befragungswelle zeigt. Allerdings ist das Vermögen der Deutschen im Schnitt etwas gestiegen, während es in den meisten anderen europäischen Ländern gefallen ist. Grund dafür sind die im Zuge der Aufarbeitung der Finanzkrise zwischen 2010 bis 2014 gefallenen Immobilienpreise in den meisten Volkswirtschaften.Das Vermögen des Euro-Medianhaushalts, der die reichere Bevölkerungshälfte von der ärmeren abgrenzt, ist abzüglich Schulden auf 104 100 Euro gefallen. 2010 waren es noch 116 300 Euro. Das Nettovermögen der Deutschen liegt mit 60 800 Euro deutlich niedriger, aber um 10 % höher als 2010. Grund dafür ist der geringe Besitz von Realwerten. 81 % der deutschen Haushalte besaßen 2014 Realwerte; im Euroraum sind es 91 %. Nur 44 % besaßen eine selbst genutzte Immobilie (Eurozone: 61 %).Laut EZB nahm die Vermögensungleichheit im Euroraum im Betrachtungszeitraum etwas zu. Der Indikator dafür, der Gini-Koeffizient, stieg von 68 auf 68,5 %. Allerdings hat die Wirtschaft des Euroraums seit 2014 deutlich zugelegt, und die Zinspolitik der EZB dürfte noch tiefere Spuren hinterlassen haben in der Wertentwicklung von Vermögen. Das dürfte den Wertverfall von Immobilien aufgehalten, die Entwicklung gar umgedreht haben. Auch die Aktienbewertungen fallen inzwischen höher aus, während Sparanlagen weiter darben und auch Versicherungsleistungen geringer ausfallen. Das dürfte die Ungleichheit in Deutschland weiter erhöht haben.