Deutsche Industrie profitiert von Großaufträgen

Bestellungen legen im März leicht zu - Prognosen im Konjunkturtableau gesenkt

Deutsche Industrie profitiert von Großaufträgen

ba Frankfurt – Die Sorgen um die deutsche, aber auch die europäische Konjunktur lösen derzeit reihenweise Abwärtsrevisionen der Wachstumsprognosen aus. Auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung zeigt sich dieser Trend. Und dies, obwohl es durchaus hoffnungsvolle Signale gibt, wie etwa das besser als erwartet ausgefallene erste Quartal im gemeinsamen Währungsraum. Das stärkste Augenmerk liegt momentan auf der Industrie, insbesondere der deutschen. Denn diese befindet sich in einer Rezession. Besserung ist hier so schnell nicht zu erwarten, wie die gestern veröffentlichten Daten zum Auftragseingang zeigen.Das überraschend starke Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Eurozone von 0,4 % auf Quartalsbasis im ersten Vierteljahr “lässt darauf hoffen, dass sich die inzwischen relativ niedrigen Prognosen für das reale BIP für das Eurogebiet und auch für Deutschland als zu pessimistisch erweisen könnten”, schreibt ZEW-Experte Michael Schröder zum neuen Konjunkturtableau. Für dieses sammelt das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) monatlich die veröffentlichten Prognosen von Banken, Institutionen sowie staatlichen Einrichtungen und bestimmt daraus den Median. “In den aktuellen Prognosen hat sich der relativ gute Wert für das erste Quartal jedoch noch nicht nachweisbar niedergeschlagen.” Ganz im Gegenteil, wurde doch die Prognose für das laufende Jahr für das reale BIP in der Eurozone um 0,1 Punkte auf 1,0 % reduziert, für Deutschland ging es um 0,2 Punkte auf 0,8 % nach unten. Erst gestern hat auch die EU-Kommission an der Prognoseschraube nach unten gedreht – für den Euroraum erwartet die Brüsseler Behörde ein Wachstum von 1,2 (zuvor: 1,3) % im laufenden und 1,5 (1,6) % im kommenden Jahr (siehe Bericht auf dieser Seite). Mehr als halbiert wurde dagegen die Voraussage für Deutschland für 2019. In der Frühjahrsprognose steht nur mehr ein Plus von 0,5 % statt zuvor 1,1 %. 2020 sollen es dann wieder +1,5 (1,7) % werden.Allerdings, so stellt Schröder fest, sind die Vorhersagen für die Entwicklung der Arbeitslosenquoten sowohl im Eurogebiet als auch in Deutschland trotz der reduzierten Wachstumsvoraussage etwas besser als vergangenen Monat (vgl. BZ vom 4. April). Dies liege einerseits daran, dass die Beschäftigungsentwicklung typischerweise ein nachlaufender Konjunkturindikator ist, andererseits werde in zahlreichen Ländern – insbesondere in Deutschland – das Fachkräfteangebot relativ gesehen geringer.Ungemach droht von der Industrie. “Weniger Bestellungen heißt weniger Produktion und am Ende leidet darunter dann die Beschäftigung”, erinnert Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank anlässlich der Auftragseingangszahlen. Noch sei es nicht so weit, “aber die Unternehmen werden ihre Personalplanungen vermutlich mit Samthandschuhen anfassen”. Im März hat die deutsche Industrie 0,6 % mehr Neubestellungen erhalten als im Vormonat. Ökonomen hatten nach dem Rückgang von revidiert 4,0 (zuvor: 4,2) % im Februar mit einem Zuwachs gerechnet, allerdings ein Plus von 1,4 % erwartet. Laut Bundeswirtschaftsministerium geht das Orderwachstum im März allerdings auf überdurchschnittlich ausgefallene Großaufträge zurück – bleiben diese außen vor, sind die Neubestellungen um 1,9 % zurückgegangen. Während die Inlandsnachfrage den dritten Monat in Folge fiel (-4,2 %), legte die Auslandsnachfrage (+4,2 %) erstmals in diesem Jahr zu. Darunter kletterten die Orderzahlen aus Ländern der Eurozone mit 8,6 % besonders kräftig, die Auftragseingänge aus dem restlichen Ausland stiegen 1,4 %. Im ersten Quartal insgesamt sind die Bestellungen um 4,1 % zurückgegangen. Die Kfz-Industrie verzeichnete dabei eine Abnahme um 5,3 % und der Maschinenbau um 7,3 %. “Insgesamt spricht die Auftragslage im verarbeitenden Gewerbe dafür, dass die Industriekonjunktur in den kommenden Monaten gedämpft bleibt”, kommentierte das Ministerium die Daten. Ralph Solveen von der Commerzbank ist etwas skeptischer: “Damit unterstreichen die heutigen Zahlen noch einmal, dass sich die deutsche Industrie in einer ausgeprägten Rezession befindet.” Je länger das schlechte außenwirtschaftliche Umfeld die Industrie nach unten drücke, desto größer sei die Gefahr, dass hiervon auch die Inlandsnachfrage und damit der Dienstleistungssektor in Mitleidenschaft gezogen werden. Ökonomen setzen darauf, dass die Stimulierungsmaßnahmen der Regierung in Peking greifen und eine höhere chinesische Nachfrage auch hierzulande Wirkung zeigt. Das ist auch nötig, denn der Wert der Steigung der US-Zinsstruktur von -5 Basispunkten im Tableau deutet laut Schröder auf ein sehr schwaches Wachstum der US-Wirtschaft ab der zweiten Hälfte 2020 hin.