Preise

Deutsche Inflation springt über 3-Prozent-Marke

Die Inflation ist wie von Ökonomen erwartet deutlich angestiegen. Dies ist jedoch insbesondere auf Sonder- und Nachholeffekte im Zug der Coronavirus-Pandemie zurückzuführen.

Deutsche Inflation springt über 3-Prozent-Marke

ba Frankfurt

Die Inflationsrate ist im Juli in Deutschland erstmals seit langem wieder über die 3-Prozent-Marke gesprungen. Ökonomen hatten mit Blick auf etliche Basis- und Sonderfaktoren sowie den Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen damit gerechnet und erwarten weiterhin, dass die Teuerung in den kommenden Monaten zwar weiter anzieht, dies aber nur ein temporäres Phänomen ist. Im Juli kletterte die Teuerung gemessen an dem für EU-Zwecke berechneten HVPI auf 3,1%, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag auf Basis vorläufiger Daten mitteilte. Zuletzt gab es einen solchen Wert 2008. Im Juni hatte die Jahresrate noch bei 2,1% gelegen. In nationaler Rechnung (VPI) stieg die Teuerungsrate von zuletzt 2,3% auf 3,8%. Eine höhere Inflationsrate wurde zuletzt im Jahr 1993 gemessen.

Ökonomen erwarten, dass sich der Trend zu höheren Preisen in diesem Jahr noch verstärken wird. Die Bundesbank hält Raten von mehr als 4% für möglich. Mit Beginn des kommenden Jahres dürften die Inflationsraten aber wieder rasch sinken, da dann die Basis- und Sondereffekte wieder aus der Messung herausfallen. So schlägt etwa in diesem Monat der Sondereffekt der Rückkehr zu den ursprünglichen Mehrwertsteuersätzen im Jahresvergleich erstmals durch. Die genaue Höhe des Basiseffekts sei „nur schwer zu benennen, da gleichzeitig auch andere Preiseffekte wirken, wie zum Beispiel die CO2-Bepreisung und übliche Marktentwicklungen“, betonten die Statistiker. Bei der Senkung der Mehrwertsteuersätze im Juli 2020 habe der rein rechnerische Effekt bei –1,6 Prozentpunkten gelegen.

Zudem, so erläutert Christoph Swonke von der DZ Bank, verlangten die von der Pandemie besonders stark betroffenen Dienstleistungsbranchen wie Gastronomie, Hotellerie oder auch Friseure höhere Preise, um Versäumtes nachzuholen, so dass die aktuelle Entwicklung vor allem auf Nachholeffekte nach den Corona-Schließungen zurückzuführen sei. Auch sorge der um rund 70% über dem Vorjahresniveau liegende Rohölpreis für eine deutliche Verteuerung beim Tanken und Heizen. Auch wenn es der Trend auf den vorgelagerten Preisstufen zuletzt immer fraglicher erscheinen lässt, dass die Preise nur von Einmaleffekten getrieben werden, fehlen Ökonomen und Notenbankern für ein wirkliches Inflationsklima insbesondere kräftige Lohnerhöhungen.

Der deutsche Inflationsanstieg wird auf die Teuerungsentwicklung des gesamten Euro-Währungsgebiets abfärben. Doch da es sich bei den Preissteigerungen um rechnerische Effekte handele, habe die EZB keinen Grund zum Handeln, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Gemäß der neuen geldpolitischen Strategie, die auf der Sitzung vom 8. Juli verabschiedet worden ist, will die EZB ein zeitweiliges Überschießen der Inflation über den Zielwert von nun glatt 2% dulden. Im ebenfalls gestern veröffentlichten Sitzungsprotokoll fehlt jeder Hinweis auf Diskussionen des EZB-Rats – enthalten sind nur die Beschlüsse.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.