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Deutsche Klimapolitik will Vorreiterrolle zurück

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat zum Abschluss des 12. Petersberger Klimadialogs eine Vorreiterrolle in der europäischen Klimapolitik für Deutschland reklamiert.

Deutsche Klimapolitik will Vorreiterrolle zurück

sp Berlin

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat zum Abschluss des 12. Petersberger Klimadialogs eine Vorreiterrolle in der europäischen Klimapolitik für Deutschland reklamiert. „Wir warten diesmal nicht auf Brüssel“, sagte die Ministerin am Ende der internationalen Tagung, die zur Vorbereitung der UN-Klimakonferenz in Glasgow diente. Deswegen werde die Bundesregierung jetzt ihre Klimaschutzziele verschärfen. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagte Schulze zu der geplanten Reform des Klimaschutzgesetzes, die bereits am nächsten Mittwoch im Kabinett beschlossen werden soll und Deutschland auf strengere Klimaziele verpflichtet. Die Bundesregierung antizipiere mit dem Gesetz schärfere künftige Vorgaben aus Brüssel. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte die Bundesregierung zuvor in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters aufgefordert, das Urteil des Verfassungsgerichts, das vor wenigen Tagen einer Beschwerde gegen das Klimaschutzgesetz in Teilen gefolgt war, auch im Interesse Europas ambitioniert umzusetzen.

Druck aus Karlsruhe

Der Druck des Bundesverfassungsgerichts ist ausschlaggebend dafür, dass die Regierung das Ende 2019 verabschiedete Gesetz noch in dieser Legislaturperiode überarbeitet. Geplant ist nun, bis 2030 Treibhausgase um 65% im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Bisher waren 55% vorgesehen. Bis 2045 und damit fünf Jahre früher als bisher geplant soll nahezu völlig auf CO2-Emissionen verzichtet werden. Für das Jahr 2040 wird ein Zwischenziel eingeführt, wonach bis dahin 88% der Emissionen eingespart werden sollen.

Die Verschärfung ist auch eine Reaktion auf die bereits beschlossene Erhöhung des Klimaziels der EU. „Durch die Verschärfung des EU-Klimaschutzziels von 40% auf 55% Reduktion der Treibhausgase bis 2030 relativ zu 1990 war eine Verschärfung der deutschen Klimaschutzziele dringend geboten“, sagt Elmar Kriegler, Leiter der Forschungsabteilung „Transformationspfade“ am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Deutschland hätte sonst potenziell als Nachzügler dastehen können. Eine Reduktion um 65% bis 2030 erscheint als Minimum, um im innereuropäischen Diskurs eine Vorreiterrolle innehalten zu können.“

Von der Leyen forderte die Bundesregierung auf, das Urteil der Karlsruher Richter zum Anlass für mehr Tempo im Klimaschutz zu nutzen. „Wenn Deutschland jetzt dem Beschluss entsprechend handelt, kann daraus eine Win-Win Situation für beide entstehen“, sagte sie mit Blick auf die EU. Deutschland selbst bringe sich durch die schnelle Reaktion auf das Karlsruher Urteil „in eine gute und interessante Position“, betonte die EU-Kommissionspräsidentin. „Denn Deutschland kann bei richtigen Entscheidungen seine Vorreiterrolle bei innovativen und klimafreundlichen Technologien ausbauen.“ Von der Leyen sieht Deutschlands Klimaanstrengungen aber auch als entscheidend für Europa an. Mit einem ambitionierten Vorgehen könne die Bundesregierung „andere EU-Mitgliedstaaten mitziehen“. Die Kommission selbst will im Sommer ein umfangreiches Klimaschutzpaket vorlegen, das auch für Wettbewerbsgerechtigkeit in der EU sorge.

Mit Blick auf die nächste Weltklimakonferenz, die Anfang November in Glasgow stattfinden soll, sagte Schulze, dass es unter den am Petersberger Klimadialog teilnehmenden Vertretern von 40 Nationen große Bereitschaft gegeben habe, den Gipfel zu einem Erfolg zu machen. Es seien aber weitere Maßnahmen erforderlich, um die Erderwärmung auf den 2015 in Paris vereinbarten Korridor zwischen 1,5 und maximal 2 Grad zu begrenzen. Auf Basis der bisher vorliegenden Klimaziele der Länder liegt die internationale Staatengemeinschaft auf Kurs zu einer Erderwärmung um 2,4 Grad Celsius bis 2100, wie die Initiatoren des Climate Action Tracker zum Auftakt des Petersberger Klimadialogs vorgerechnet hatten. Entwicklungsländer bräuchten für einen ambitionierteren Klimaschutz mehr Hilfen von reicheren Staaten, forderte Schulze. Deutschland habe seine Bemühungen hier zuletzt verdoppelt. Es müssten aber mehr Länder mitziehen.

CO2-Emissionen aus China

Chinas jährlicher Ausstoß von Treibhausgasen hat nach einer Studie erstmals die Emissionen aller entwickelten Länder zusammen übertroffen. Zu diesem Ergebnis kommt die US-Denkfabrik Rhodium Group in einem Vergleich Chinas mit den EU-Ländern, den USA sowie den anderen Mitgliedern der Industrieländerorganisation OECD. Demnach hat das bevölkerungsreichste Land 2019 zu 27% der weltweiten Emissionen an CO2-Äquivalenten beigetragen. Die USA liegen auf dem zweiten Platz mit 11%. Erstmals kletterte Indien nach den Berechnungen mit 6,6% auf den dritten Platz.