Deutsche Wirtschaft pessimistischer

DIHK senkt Wachstumsprognose - Industrie leidet besonders - Verbraucherstimmung kaum verändert

Deutsche Wirtschaft pessimistischer

Die deutschen Verbraucher können sich zwar nicht ganz den Konjunktursorgen entziehen, ihre Stimmung bleibt aber stabil, und sie fungieren weiter als verlässliche Wachstumsstütze. In der Wirtschaft hingegen macht sich Pessimismus breit, wie die DIHK-Frühsommerumfrage zeigt.ba Frankfurt – Die globale Konjunkturabkühlung sowie die anhaltenden politischen Unsicherheitsfaktoren schlagen den deutschen Konsumenten mittlerweile aufs Gemüt. Und auch die deutsche Wirtschaft blickt pessimistischer auf die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden Monate als noch zu Jahresbeginn. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat daher auf Basis seiner Konjunkturumfrage vom Frühsommer 2019 die Wachstumsprognose für das laufende Jahr um 0,3 Punkte auf 0,6 % gesenkt.”Die guten Zahlen des BIP-Wachstums im ersten Quartal dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass unsere Wirtschaft sowohl konjunkturell wie strukturell vor großen Herausforderungen steht”, kommentierte Verbandspräsident Eric Schweitzer das Ergebnis der Umfrage unter mehr als 25 000 Unternehmen. Im Zeitraum Januar bis März ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal um 0,4 % gestiegen nach einer Stagnation im Schlussabschnitt 2018. Im Gesamtjahr 2018 hatte das BIP 1,4 % zugelegt. Die DIHK-Prognose für 2019 ist leicht optimistischer als etwa die der Bundesregierung sowie der EU-Kommission, die beide ein Plus von 0,5 % erwarten.Schweitzer sieht die Politik in der Pflicht, um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen. So müsse etwa der Ausbau bei Verkehrs- und IT-Infrastruktur schneller erfolgen. Auch warteten die Unternehmen auf ein effektives E-Government für die Wirtschaft. Schweitzer mahnte an, dass das Bürokratieentlastungsgesetz III “jetzt schnell auf die Schiene gesetzt” werden müsse. Die vorgesehenen Maßnahmen zur Entbürokratisierung des Steuerrechts und zur konsequenten Nutzung der Digitalisierung könnten die Unternehmen erheblich entlasten. “Gerade angesichts des schwierigen konjunkturellen Umfeldes brauchen die Betriebe mehr Zeit und Geld für ihr Kerngeschäft sowie für Innovationen und Investitionen”, so Schweitzer. Globale Schwäche bremstDer Verbandspräsident verwies auf die “deutlich langsamere Gangart der Weltwirtschaft”. Dass die Erwartungen beim Auslandsgeschäft “so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr” sind, sei ein Alarmsignal. Insbesondere die Industrie – mit der außenwirtschaftlichen Orientierung “Markenkern unserer Wirtschaft”, wie Schweitzer betonte – habe mit dem Nachfragerückgang infolge des wachsenden Protektionismus auf zahlreichen Märkten, zunehmenden Handelskonflikten sowie dem Brexit zu kämpfen. Viele Unternehmen würden daher die Investitionspläne zurückfahren – noch aber liege die Investitionsneigung über dem langjährigen Durchschnitt. Allerdings dominiere hier weiter der Ersatzbedarf. Getragen wird die Konjunktur derzeit vom Einzelhandel und Baugewerbe, die weiterhin auf sehr gute Geschäfte blickten, sagte Schweitzer. Als größtes Geschäftsrisiko gilt den Unternehmen derzeit der Fachkräftemangel.Garant der robusten Binnenkonjunktur sind die privaten Konsumausgaben. Daran wird sich so bald nichts ändern, auch wenn sich die Konjunktursorgen der Verbraucher zusehends in Umfragen zeigen. In der von der EU-Kommission erhobenen Umfrage zur Wirtschaftsstimmung ist der Indikator für das Verbrauchervertrauen seit Jahresanfang kontinuierlich gefallen – im Mai um 0,7 auf -1,4 Punkte. Gemessen am GfK-Konsumklima ist die Verbraucherstimmung im Mai zwar fast unverändert, doch sind die Konjunkturerwartungen und die Anschaffungsneigung im Vormonatsvergleich zurückgegangen. Für Juni prognostizieren die Nürnberger Konsumforscher ein Konsumklima von 10,1 Punkten (siehe Grafik). Im Mai lag das Barometer bei revidiert 10,2 (zuvor: 10,4) Zählern. Allerdings beruht die Revision allein auf dem Wechsel der Erhebungsmethode – die repräsentative monatliche Umfrage unter etwa 2 000 Personen werde nun online durchgeführt, erklärte GfK-Experte Rolf Bürkl.Den Umfrageergebnissen zufolge ist die Schere zwischen Konjunktur- und Einkommenserwartungen weiter auseinandergegangen. Die Talfahrt der Konjunkturerwartungen hat sich im Mai fortgesetzt, wenn auch mit deutlich geringerem Tempo. Die Einkommenserwartungen aber zeigten laut Bürkl eine “überaus große Stabilität auf einem ohnehin schon sehr hohen Niveau” und haben sogar noch leicht zugelegt. Die Anschaffungsneigung hat zwar einen Teil der Vormonatsgewinne abgegeben, doch sei die Konsumlaune der Verbraucher “nach wie vor ungebrochen”. Dies bezeichnete Bürkl angesichts der generellen gesamtwirtschaftlichen Verunsicherung als “eine überaus positive Nachricht”. Spuren am JobmarktAllerdings lassen Frühindikatoren erkennen, dass die Aussichten für den Jobmarkt mittlerweile nicht mehr ganz so rosig sind. Zwar bewegt sich die Arbeitskräftenachfrage auf hohem Niveau, wird aber schwächer, wie der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigt. Dieser ist um 3 auf 248 Zähler zurückgegangen. Am heutigen Mittwoch legt die BA den Bericht für Mai vor. Experten erwarten einen Rückgang um saisonbereinigt 8 000 zum Vormonat.