Deutsche Wirtschaft wächst gebremst

Destatis: BIP-Impulse vor allem vom Konsum - Schwache Autobranche drückt Industrie ins Minus

Deutsche Wirtschaft wächst gebremst

wf Berlin – Die deutsche Wirtschaft ist 2019 das zehnte Jahr in Folge gewachsen, aber deutlich langsamer als zuvor. Nach vorläufigen Zahlen legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur noch um 0,6% zu. Es war deutlich schwächer als in den Vorjahren mit 1,5 % und 2,5 %. Dies gab das Statistische Bundesamt (Destatis) vor der Presse in Berlin bekannt. Für das vierte Quartal macht Destatis Anzeichen einer leichten Erholung aus.Es sei die längste Wachstumsphase im vereinten Deutschland, sagte Albert Braakmann, Leiter der Abteilung “Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Preise” von Destatis. “Das Wachstum 2019 hat aber deutlich an Schwung verloren.” Gemessen am Durchschnitt der Wachstumszahlen von 2008 bis 2018 von 1,3 % blieb die Verbesserung des preisbereinigten BIP 2019 dahinter zurück. Auch im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Wirtschaft schwach ab: Für die EU-27, die Mitgliedsländer der Europäischen Union ohne Großbritannien, erwartet die EU-Kommission 2019 in der Herbstprognose einen Anstieg des preisbereinigten BIP um 1,4 %. Für die 19 Staaten der Eurozone rechnet sie mit 1,1 % Zuwachs. Hinter Deutschland liege nur noch Italien mit einem erwarteten Zuwachs um 0,1 %.Die Wachstumsimpulse seien 2019 vor allem vom Konsum gekommen, erläuterte Braakmann. Die Zuwächse der staatlichen und privaten Konsumausgaben fielen mit preisbereinigt plus 1,6 % und 2,5 % stärker aus als in den beiden Jahren zuvor. Die preisbereinigten Bruttoanlageinvestitionen stiegen zwar kräftig, allerdings nicht die Ausrüstungsinvestitionen, die hauptsächlich in Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge fließen. Diese stiegen nur um 0,4 %. In Bauten wurden dagegen 3,8 % mehr investiert, in sonstige Anlagen einschließlich Forschung und Entwicklung 2,7 % mehr als im Jahr zuvor. Die Bruttoinvestitionen einschließlich der Vorratsveränderung gingen im Vorjahresvergleich um 1,7 % zurück. Braakmann zufolge lässt sich dies mit der schwachen Industrieproduktion und gestiegenen Exporten erklären. Baugewerbe boomt Auf der Entstehungsseite des BIP verzeichneten der Dienstleistungssektor und das Baugewerbe laut Destatis überwiegend kräftige Zuwächse. Das produzierende Gewerbe (ohne Baugewerbe) brach dagegen um 3,6 % ein, erläuterte Braakmann. Insgesamt legte die Bruttowertschöpfung nur um 0,5 % zu. Am stärksten stieg die Wertschöpfung mit plus 4 % im Baugewerbe. Trotz vielfach beklagter Kapazitätsengpässe und Fachkräftemangel wuchs die Branche so stark wie seit fünf Jahren nicht mehr, stellte Braakmann fest. Überdurchschnittlich hätten sich auch die Bereiche Information und Kommunikation sowie Finanz- und Versicherungsdienstleister – beide mit jeweils plus 2,9 % Bruttowertschöpfung – entwickelt. Die Schwäche im produzierenden Gewerbe führt Destatis auf die geringe Produktion in der Automobilindustrie als größtem Teilbereich der Industrie zurück. Einschließlich der Zulieferer dürfte dies rund die Hälfte der Produktion im verarbeitenden Gewerbe ausmachen. Im Umfeld des internationalen Handelsstreits sowie der Unsicherheit durch den Brexit behauptete die deutsche Wirtschaft ihre Position. Der nominale Außenbeitrag lag Destatis zufolge um 2 Mrd. Euro über dem Niveau von 2018. Preisbereinigt wuchsen die Exporte nur noch um 0,9 %, stärker wuchsen in der gleichen Zeit die Importe mit plus 1,9 %. Beschäftigung gestiegenGut ist die Lage am Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte mit 45,3 Millionen einen neuen Höchststand, die Arbeitslosenquote mit 3,0 % im Jahresdurchschnitt einen neuen Tiefststand. Der Anstieg der Erwerbstätigen um 0,9 % beruhe vor allem auf dem Zuwachs bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 1,6 %. Die Verbraucherpreise stiegen im Jahresdurchschnitt um 1,4 %. Destatis macht für den moderaten Anstieg die schwache Entwicklung der Energiepreise im zweiten Halbjahr verantwortlich.Zahlen für das vierte Quartal legt Destatis am 14. Februar vor. Am 30. Juli präsentiert die Statistikbehörde das Ergebnis für das zweite Quartal 2020, erstmals schon nach 30 Tagen. Bislang brauchten die Experten 45 Tage. Der kürzere Rhythmus soll künftig eingehalten werden und passt sich internationalen Usancen an. Geprüft wird, ob auch eine Zehntagesfrist machbar wäre.