Deutscher Aufschwung gewinnt an Stärke

Ifo erhöht Wachstumsprognose - Rekord bei Beschäftigung erwartet - Trump und Brexit bleiben Risiken

Deutscher Aufschwung gewinnt an Stärke

ba Frankfurt – Da sich neben dem Binnenkonsum nun auch die Industrie als Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft etabliert, hat das Münchener Ifo-Institut die Prognosen kräftig erhöht. Damit schließt es sich anderen Wirtschaftsforschungsinstituten an, die in den vergangenen Tagen gleichfalls die Erwartungen nach oben geschraubt haben – etwa das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) oder das Institut für Weltwirtschaft (IfW) (vgl. BZ vom 16. Juni).”Wir erleben gerade ein so kräftiges erstes Halbjahr, dass uns der Schwung bis ins kommende Jahr trägt”, begründete Timo Wollmershäuser, Leiter der Ifo-Konjunkturforschung, die um 0,3 Punkte auf 1,8 % erhöhte Wachstumsprognose für das laufende Jahr (siehe Tabelle). 2018 sollen es dann 2,0 % statt der bislang erwarteten 1,7 % werden. Während das DIW der hiesigen Wirtschaft eine “Wohlfühlkonjunktur” ohne drohende Überhitzungsgefahr bescheinigte, warnte das IfW genau davor – Deutschland stehe an der Schwelle zur Hochkonjunktur.Einig sind sich die Ökonomen, dass der Aufschwung an Stärke und Breite gewinnt. Die Binnenkonjunktur werde weiter vom Bau und dem Konsum getragen, während die Industrie neu hinzukomme, schreibt Ifo-Experte Wollmershäuser. Ein wachsender Beitrag komme aber auch von der Exportwirtschaft, die von besseren Konjunkturaussichten im Euroraum und dem Rest der Welt profitiere. Daher dürften nach Ansicht der Ifo-Ökonomen auch die “bisher eher zur Schwäche tendierende Industriekonjunktur und die ebenfalls enttäuschenden Unternehmensinvestitionen anziehen”. Vor diesem Hintergrund blieben auch die Perspektiven am Arbeitsmarkt gut und die Münchener Wirtschaftsforscher erwarten bei der Zahl der Beschäftigten neue Rekorde. Die Entwicklung bleibe schwungvoll, wenn auch die Dynamik etwas nachlasse. Mit Blick auf die Verbraucherpreise stellt das Ifo fest, dass erstmals seit drei Jahren kein negativer Inflationsbeitrag mehr von Energieträgern ausgehe.Dass der Aufschwung nicht nach dem bislang für Deutschland typischen Muster verlaufe, könne dazu beitragen, dass er außergewöhnlich stabil verlaufe, heißt es beim Ifo. Im Vergleich zu früheren Aufschwüngen sei nicht die Industrie der Zyklusmacher – Exporte und Industrieproduktion weiteten sich diesmal nur sehr verhalten aus. Die Schwankungsbreite der Vorquartalsveränderungsraten des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts befinde sich mit derzeit plus/minus 0,25 Prozentpunkten auf einem historischen Tiefstand.Als Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum und auch in Deutschland benennen die Wirtschaftsforschungsinstitute unisono die künftige politische, fiskalische und handelspolitische Ausrichtung der USA sowie den ungewissen Ausgang der Brexit-Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien. Aber auch die nur zögerlich umgesetzten Strukturreformen in einer Reihe von Mitgliedstaaten des gemeinsamen Währungsraums könnten sich stärker bremsend auswirken als bislang unterstellt, warnt das Ifo.