Deutschland droht tiefere Rezession als 2009

Altmaier und Scholz werben für Konjunkturprogramm

Deutschland droht tiefere Rezession als 2009

sp Berlin – Die Bundesregierung rechnet im laufenden Jahr wegen der Coronavirus-Pandemie mit der schwersten Rezession der Nachkriegszeit. “Die Einschnitte werden aller Voraussicht nach im Gesamtjahr mindestens so stark wie bei der Finanzkrise 2009 sein”, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Berlin: “Damals ist unsere Wirtschaft in einem Jahr um gut 5 % geschrumpft. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Zahl nicht nur erreicht, sondern auch überschritten werden kann.”Damit ist die Bundesregierung mittlerweile etwas pessimistischer als die Wirtschaftsweisen ihres Sachverständigenrats zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die in einem am Montag vorgestellten Sondergutachten schlimmstenfalls mit einem Abschwung von 5,4 % im Gesamtjahr rechnen. Während der Finanzkrise 2009 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 5,7 %. Im Januar, kurz vor dem Ausbruch der Pandemie, hatte Altmaier für dieses Jahr noch ein Wachstum von 1,1 % in Aussicht gestellt. Jetzt rechnet der Minister damit, “dass wir nach zehn guten Jahren des Wirtschaftswachstums in diesem Jahr erstmals wieder eine Rezession erleben werden”. Tiefpunkt im Mai erwartetAuch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält die Erwartungen der Wirtschaftsweisen für “recht optimistisch”. “Keiner kann verlässliche Zahlen nennen. Ich befürchte aber, dass diese Krise für Deutschland wirtschaftlich gesehen härter wird als die globale Finanzkrise”, sagte Fratzscher am Donnerstag. Im Vergleich mit Prognosen anderer Wirtschaftsforscher und den Szenarien aus anderen Ministerien fällt selbst die Warnung des Wirtschaftsministers aber noch heiter aus. So hat das renommierte Ifo-Institut aus München in der vergangenen Woche vor einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um bis zu 20 % im zweiten Quartal gewarnt. In einem Strategiepapier zum Umgang mit der Pandemie aus dem Bundesinnenministerium, das in den vergangenen Tagen die Runde machte, ist in einem Extremszenario von einem fast apokalyptischen Abriss der Volkswirtschaft um knapp ein Drittel die Rede.”Es wäre unverantwortlich, an dieser Stelle eine konkrete Zahl zu nennen”, sagte Altmaier. Im Januar und Februar habe sich die Volkswirtschaft noch ganz gut geschlagen, erklärte der Wirtschaftsminister. Im März habe sich die Krise aber bereits bemerkbar gemacht. Der Tiefpunkt dürfte wohl im Mai erreicht werden. “Wir gehen davon aus, dass in einzelnen Monaten im ersten Halbjahr das Wirtschaftswachstum um mehr als 8 % einbrechen kann.” In der zweiten Jahreshälfte erwartet die Bundesregierung eine Erholung und die Rückkehr auf einen Wachstumspfad.Altmaier betonte, dass mit Hilfe der bereits geschnürten Hilfspakete in Höhe von Hunderten Milliarden Euro die Rezession bekämpft werden soll. Nach Überwindung der Corona-Pandemie müsse die Konjunktur wieder durchstarten können, weshalb die Bundesregierung an einem Konjunkturpaket arbeite. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plädierte für Investitionen, sobald die Belastungen durch die Coronavirus-Pandemie abgeflaut seien. Zunächst müsse es darum gehen, die Gesundheitskrise zu bewältigen sowie die Arbeitsplätze und Unternehmen zu sichern. Danach wolle die Bundesregierung sicherstellen, “wenn es wieder aufwärtsgeht, dass das auch unterstützt wird mit konjunkturellen Maßnahmen”. Dabei spielten hohe staatliche Investitionen ebenso eine Rolle wie der Ausbau des Sozialstaats.