IM BLICKFELD

Deutschland steht vor schärferen Antigeldwäscheregeln

Von Angela Wefers, Berlin Börsen-Zeitung, 10.2.2016 Der Plan des Bundesfinanzministeriums, ein Limit von 5 000 Euro für Bargeldzahlungen einzuführen, sorgt für reichlich Aufregung. Was für Antigeldwäscheexperten ein probates Mittel ist, um illegale...

Deutschland steht vor schärferen Antigeldwäscheregeln

Von Angela Wefers, BerlinDer Plan des Bundesfinanzministeriums, ein Limit von 5 000 Euro für Bargeldzahlungen einzuführen, sorgt für reichlich Aufregung. Was für Antigeldwäscheexperten ein probates Mittel ist, um illegale Finanzströme zu beschränken, kommt bei den Gegnern als ausufernde staatliche Kontrolle und Beschränkung ihrer Freiheit an. So heiß wie der Plan derzeit diskutiert wird ist er aber nicht. Die Bundesregierung strebt nach einer europaweit einheitlichen Grenze für Bargeldzahlungen. Einen nationalen Alleingang will sie erst unternehmen, wenn eine europäische Lösung misslingt. Das kann dauern. Ob sich in Europa überhaupt eine Einigung findet, ist offen. Auch beim deutsch-französischen Finanz- und Wirtschaftsrat hatten beide Länder erneut dafür geworben. Frankreich kennt eine solche Grenze bereits. Für viele Länder wäre sie aber neu. Brüssel ohne BargeldlimitDie EU-Kommission hat bislang kein Limit für Bargeldzahlungen in ihrem neuen “Aktionsplan zur Intensivierung des Kampfes gegen Terrorismusfinanzierung” vorgesehen. Vor wenigen Tagen hatte sie diesen Aktionsplan vorgelegt. Dessen Ziel ist es, Terroristen über Geldbewegungen aufzuspüren und ihnen den Zugang zu Finanzquellen abzuschneiden. Maßnahmen sind etwa strengere Sicherheitsvorkehrungen für Finanztransaktionen aus Hochrisikoländern oder der sichere Umgang mit virtuellen Währungen.Tatsache ist aber, dass die Terroranschläge von Paris das politische Augenmerk wieder stärker auf die Wege illegaler Finanzströme gelenkt haben. Auch Terroristen nutzen diese, um Anschläge zu finanzieren. Eine Reaktion darauf ist der Aktionsplan der EU-Kommission. Ein weiterer, ganz konkreter Schritt ist die beschleunigte Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht. Beschleunigte UmsetzungDie Brüssler Richtlinie war erst im vergangen Mai angenommen worden. Sie richtet sich gegen Geldwäsche von Erlösen aus Straftaten und gegen Terrorismusfinanzierung. Eigentlich hätten die EU-Mitgliedstaaten mit der Umsetzung Zeit bis Mitte 2017. Die Bundesregierung hat aber bereits erklärt, dass sie deutsches Recht noch 2016 anpassen wird. Der Gesetzgebungsprozess dürfte nun in die zweite Jahreshälfte fallen. Berlin folgt damit zugleich einen Aufruf aus Brüssel.In Deutschland wird damit innerhalb von kürzester Zeit die Regelung im Kampf gegen Geldwäsche erneut angepasst. Erst im Juni vergangenen Jahres war hierzulande das “Gesetz zur Änderung der Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten” in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hatte damit einen eigenständigen Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung verbunden mit einer Mindestfreiheitsstrafe in das deutsche Recht eingeführt. Damit können die Behörden bereits frühzeitig eingreifen. Geregelt wurde auch die Strafbarkeit der Finanzierung terroristischer Taten. Bislang fehlte ein solcher Straftatbestand. Ein weiterer neuer Tatbestand zielt auf die Finanzierung von Reisen zu Terrorzwecken. Deutschland setzte mit diesen Änderungen Vorgaben der internationalen Organisation zur Bekämpfung der Geldwäsche – Financial Action Task Force (FATF) – um.Mit der vierten Geldwäscherichtlinie wird eine Reihe von weiteren Änderungen in Sachen Geldwäsche in deutsches Recht übertragen. Der europäische Gesetzgeber hatte mit der Richtlinie zunächst Empfehlungen der FATF aus 2012 aufgegriffen, aber auch eigene Akzente gesetzt.Im Vergleich zur bisherigen Reglung im deutschen Gesetz müssen künftig die sogenannten Verpflichteten künftig viel stärker den Einzelfall prüfen und an den konkreten Risiken einer Geschäftsbeziehung, einer Transaktion oder eines Finanzprodukts ansetzen. Zu den Verpflichteten zählen Kredit- und Finanzinstitute – aber auch Dienstleister aus dem Nichtfinanzsektor wie Notare, Rechtsanwälte und Glücksspielanbieter. Für zwei Fallgruppen bleibt es per se bei einer erhöhten Sorgfaltspflicht: dies betrifft Länder auf der schwarzen Liste der Kommission mit einem hohen Geldwäscherisiko sowie politisch exponierte Personen.Bei den Glücksspielanbietern erweitert die Richtlinie den Kreis der Verpflichteten über die Spielbanken hinaus auf alle Anbieter von terrestrischen Glücksspielen – wie Spielhallen oder Wettbüros – und auf online-basierte Glücksspiele. Nationale Ausnahmen sind dort möglich. Für Händler von Gütern wie Immobilien, Jachten oder Schmuck gilt bisher eine Prüfungspflicht von einem Betrag von 15 000 Euro an. Künftig wird diese Schwelle auf 10 000 Euro sinken. Die Mitgliedstaaten müssen außerdem sicherstellen, dass die geldwäscherechtlich Verpflichteten über einen unabhängigen und anonymen Kanal verfügen, über den ihre Angestellten einen Verdachtsfall melden können. Zentrales FirmenregisterNeu ist im Zuge der Richtlinienumsetzung auch die Einführung eines zentralen Registers zu wirtschaftlichen Eigentümern. Eingetragene Gesellschaften und juristische Personen müssen Angaben machen, wer sie kontrolliert. Auf dieses – an sich nicht öffentliche – Register können die Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden zugreifen, aber auch “Dritte mit berechtigtem Interesse”.Schließlich wird das Sanktionssystem verschärft. Im Geldwäschegesetz liegen die Bußgelder derzeit zwischen 50 000 und 500 000 Euro. Künftig gelten Geldbußen bis zum zweifachen des Gewinns aus dem Verstoß oder mindestens 1 Mill. Euro. Für Kredit- und Finanzinstitut liegen die Beträge deutlich höher. Bis Mitte 2017 wird die EU-Kommission einen Bericht zur supranationalen Risikoanalyse vorlegen. Die Mitgliedstaaten müssen dem folgen – oder sie müssen zumindest glaubhaft erklären, warum sie abweichen.