SCHICKSALSWAHL IN ITALIEN - DIE WICHTIGSTEN KANDIDATEN IM WIRTSCHAFTSPOLITISCHEN WAHLCHECK

Di Maio hält wenig vom Euro

Börsen-Zeitung, 23.2.2018 Das von der Protestbewegung Movimento 5 Stelle (M5S) präsentierte Wahlprogramm kostet laut einer Analyse der Mailänder Bocconi-Universität mehr als alle anderen Wahlversprechen. Verfasser Roberto Perotti bezeichnet die von...

Di Maio hält wenig vom Euro

Das von der Protestbewegung Movimento 5 Stelle (M5S) präsentierte Wahlprogramm kostet laut einer Analyse der Mailänder Bocconi-Universität mehr als alle anderen Wahlversprechen. Verfasser Roberto Perotti bezeichnet die von M5S angegebenen Kosten für die Umsetzung ihres Programms als wenig glaubwürdig. M5S will ein Mindesteinkommen von 812 Euro monatlich pro Person einführen, das angeblich 15 Mrd. Euro Kosten pro Jahr verursachen soll. Perotti schätzt die Kosten dagegen auf 30 Mrd Euro. Auch die Abschaffung der Rentenreform werde nicht 11 Mrd., sondern 15 Mrd. Euro kosten. Und die vorgesehene Reform der Einkommensteuer werde die Einnahmen nicht um 4 Mrd., sondern um 16 Mrd. Euro verringern. M5S, laut den jüngsten Meinungsumfragen mit 27,8 % stärkste Partei, schätzt die Kosten ihrer Wahlversprechen auf 78,5 Mrd. oder 4,5 % des BIP. Die Bocconi-Experten dagegen gehen von mindestens 108 Mrd. Euro aus. M5S will die EU-Defizitgrenze nicht einhalten. Die M5S-Bewegung hat ihr größtes Wählerpotenzial in Süditalien. Sie wird wirtschaftlich von Lorenzo Fioramonti inspiriert, der bislang an der südafrikanischen Universität Pretoria politische Ökonomie lehrte. Für Fioramonti, als Finanzminister einer etwaigen M5S-Regierung vorgesehen, hängt das Wohl der Gesellschaft nicht mehr einzig vom BIP-Wachstum ab. “Wenn wir Europa retten wollen, müssen wir es neu erfinden” – das ist einer seiner Wahlsprüche. Die M5S-Bewegung hat seit jeher dem Euro den Kampf angesagt, aber inzwischen die Forderung eines diesbezüglichen Referendums zurückgezogen. Der 32-jährige Premierkandidat Luigi Di Maio vollzog in den vergangenen Wochen einen radikalen Schwenk von der einstigen Anti-Establishment-Partei zu einer neuen Reformkraft. Sollte der M5S dieses Mal nicht der Durchbruch gelingen, ist die Gelegenheit sich als Regierungspartei zu etablieren, vorerst passé.