IM INTERVIEW: ROLF BÜRKL

"Die Angst vor Jobverlust nimmt zu"

GfK-Konsumexperte erwartet dennoch, dass die Verbraucher 2020 die Konjunktur stützen werden

"Die Angst vor Jobverlust nimmt zu"

Die deutschen Verbraucher zeigen sich zu Jahresbeginn wieder etwas optimistischer. Warum dies so ist und der private Konsum auch 2020 wieder eine wichtige Konjunkturstütze sein wird, erläutert GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl im Interview der Börsen-Zeitung. Herr Bürkl, der Konsum fungiert bereits seit längerem als Wachstumsstütze, für 2020 prognostizieren Sie nun einen weiteren Anstieg der privaten Konsumausgaben. Worauf ruht ihre Zuversicht?Unsere aktuell erstellte Prognose für den privaten Konsum für dieses Jahr liegt bei 1 %. Wir erwarten eine etwas verhaltenere Entwicklung als 2019. Für das vergangene Jahr hatten wir 1,5 % prognostiziert. Es liegen für 2019 noch keine endgültigen Zahlen für den Konsum vor, aber die 1,5 % dürften sehr nahe an der Realität liegen.Die Zuversicht für dieses Jahr gründet sich in erster Linie auf die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Zwar hat die Beschäftigungsdynamik zuletzt stark nachgelassen, dennoch gehen wir nicht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit signifikant ansteigen wird. Dies setzt allerdings voraus, dass wir von größeren externen Schocks sowie einer weiteren Eskalation bestehender Krisen verschont bleiben. Der Konsum wird dann auch 2020 eine wichtige Stütze der Konjunktur sein. Zurück zum Arbeitsmarkt. Neben der geringeren Beschäftigungsdynamik nimmt auch die Zahl der Kurzarbeiter zu. Für die Betroffenen bedeutet das ja auch Lohneinbußen. Inwieweit beeinträchtigen bereits die Meldungen über den schwächelnden Jobmarkt die Konsumentscheidungen?Grundsätzlich kann man feststellen, dass der Konsument, und hier speziell der Beschäftigte, negative Meldungen vom Arbeitsmarkt sehr wohl zur Kenntnis nimmt. Ausgelöst durch die Berichterstattung steigt die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren – so wird auch die Entscheidung, Ausgaben zu tätigen, sicherlich etwas vorsichtiger getroffen. Generell gefragt: Lässt sich der Verbraucher tatsächlich spürbar von Medienberichten über Konjunkturrisiken wie die Handelskonflikte, den Brexit oder nun das Coronavirus beeinflussen?Bei der Ermittlung der Verbraucherstimmung sehen wir immer wieder, dass diese durch Meldungen in den Medien beeinflusst wird. Sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. Als Beispiele sind hier der Brexit, aber auch der Handelskonflikt der USA mit China zu nennen, von dem Deutschland als Exportnation in besonderer Weise betroffen ist. Inwieweit das Coronavirus die Stimmung beeinflusst, werden die kommenden Monate zeigen. Importzölle, mit denen US-Präsident Donald Trump allenthalben droht, sind ja nichts anderes als Handelsschranken. Andererseits verhandeln die USA und die EU darüber, die bestehenden Indus-triezölle abzuschaffen. Hat Zollpolitik in die eine oder andere Richtung nachweisbare Effekte auf den privaten Verbrauch?Als Exportnation ist Deutschland in besonderer Weise auf einen ungehinderten und freien Warenaustausch angewiesen. Eine Erhöhung von Handelsschranken betrifft zunächst insbesondere diejenigen Unternehmen, die einen bedeutenden Teil ihrer Produkte ins Ausland verkaufen. Dann besteht die Gefahr, dass Arbeitsplätze gefährdet sind. Die Angst vor Jobverlust nimmt zu. Und das hat sich in der Vergangenheit immer als Konsumbremse herausgestellt. Einen direkten Effekt auf den Konsum haben zudem Importzölle, da sie die entsprechenden Produkte verteuern. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat als Ziel für Preisstabilität derzeit noch die Formel “nahe, aber unter 2 %”. Haben Inflationserwartungen der Verbraucher Einfluss auf ihren Konsum?Grundsätzlich spielen Inflationserwartungen in Deutschland eine wichtige Rolle. Das dürfte auch mit den Erfahrungen mit Hyperinflation und Währungsreformen zusammenhängen. Steigende Inflationserwartungen wirken eher dämpfend auf die Konsumstimmung. Derzeit allerdings spielen derartige Überlegungen nur eine untergeordnete Rolle. Die Preiserwartung der Verbraucher zeigt sich schon seit längerem auf einem relativ niedrigen Niveau stabil. Auch die Inflation liegt mit etwa 1,5 % deutlich unter dem EZB-Ziel. Die Fragen stellte Alexandra Baude.