NACH DER WAHL IN GRIECHENLAND

Die EZB spielt für Griechenland eine zentrale Rolle

Hellas-Banken am Tropf der Notenbank - Ausnahmeregeln bei Repo-Geschäften auf dem Prüfstand - Kaum Hilfe durch breite Staatsanleihekäufe

Die EZB spielt für Griechenland eine zentrale Rolle

Von Mark Schrörs, FrankfurtEine ganz entscheidende Rolle für die nahe wie fernere Zukunft Griechenlands spielt die Europäische Zentralbank (EZB). Grund dafür ist nicht so sehr die Frage, ob sich die EZB an einem möglichen Schuldenschnitt beteiligt. Viel wichtiger ist, dass die Banken in Hellas am Tropf der Notenbank hängen. Würden die Euro-Währungshüter diese Liquiditätszufuhr kurzerhand kappen, wären die Folgen für das griechische Bankensystem und für das Land gewaltig. Schuldenschnitt ohne EZBWas einen Schuldenschnitt bei den ausstehenden Anleihen betrifft, hat die EZB vor der Wahl gebetsmühlenartig wiederholt, dass sie daran nicht teilnehmen werde, weil es der EU-Vertrag schlicht nicht erlaube – wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung. Und diese Position wiederholte EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré auch nach der Wahl. Dahinter kann die EZB nun kaum zurückfallen. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte zudem am Wochenende in der ARD gesagt, dass ein Schuldenschnitt allenfalls “eine kurze Atempause” gewähre, solange die öffentlichen Finanzen nicht dauerhaft tragfähig würden.Im Zuge ihres ersten Staatsanleihekaufprogramms Securities Markets Programme (SMP) hatte die EZB zwischen 2010 und 2012 griechische Staatstitel gekauft. Zuletzt belief sich der Bestand auf rund 26 Mrd. Euro. Für die Käufe im Zuge des SMP-Programms hatte sich die EZB den Status eines bevorzugten Gläubigers gesichert. Sie nahm folglich auch am Schuldenschnitt 2012 nicht teil.Wesentlich entscheidender als diese Frage aber ist, wie die EZB die griechischen Banken bei ihren regulären Refinanzierungsgeschäften behandelt. Aktuell dürfen die Institute griechische Staatsanleihen nur dank einer Sonderregel hinterlegen, um dafür frisches Zentralbankgeld zu bekommen. Denn normalerweise ist Investment Grade, also mindestens “BBB-“, verlangt. Griechische Staatstitel erfüllen diese Anforderung nicht mehr. Seit Mai 2010 gilt jedoch, mit Unterbrechungen, für Griechenland eine Ausnahme: Die Banken dürfen solche Papiere doch einreichen, weil sich Griechenland in einem Rettungsprogramm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) befindet.Bereits Anfang Januar hatte die EZB da Druck gemacht: Sie untermauerte, dass der Fortbestand dieser Sonderregel auf zweierlei beruhe: Zum einen auf der technischen Verlängerung des – eigentlich Ende 2014 ausgelaufenen – EU-Programms bis Ende Februar 2015, und auf einem IWF-Programm. Die aktuellen IWF-Hilfen für Athen laufen bis 2016. Zum anderen sei Voraussetzung die Aussicht auf eine erfolgreiche Überprüfung des aktuellen Hilfsprogramms sowie auf eine Nachfolgevereinbarung mit den Kreditgebern.Aber sind diese Bedingungen nach der Wahl noch erfüllt, zumal mit einer Koalition aus dem Linksbündnis Syriza und den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen? Anfang Januar hatte die EZB bewusst die Formulierung “Aussicht auf” gewählt, um Spielraum zu haben. Gestern hieß es in Notenbankkreisen, dass die Sonderregel vorerst weiter Bestand habe und sowohl die Gespräche in Athen als auch jene mit Brüssel abgewartet werden müssten. Theoretisch bestünde aktuell also zumindest bis Ende Februar Luft. Sollte aber schnell klar sein, dass die neue Regierung auf ihren Radikalforderungen besteht, ist es schwer vorstellbar, dass die EZB weiter wie bisher Geld gen Athen transferiert.Wenn die EZB die Institute von den normalen Liquiditätsgeschäften abschneidet, könnte zwar die griechische Zentralbank mit sogenannten ELA-Krediten einspringen (Emergency Liquidity Assistance). Diese vergibt sie auf eigenes Risiko. Das gleiche Szenario gab es bereits 2012, als sich nach der Wahl die Regierungsbildung in Athen lange hinzog. Und diese ELA-Kredite hatten auch Syriza-Vertreter im Kopf, als sie unlängst sagten, die griechische Zentralbank könne 100 Mrd. Euro drucken, wenn die EZB die Finanzierung einstelle. Allerdings müssen auch diese ELA-Hilfen ab einer bestimmten Größenordnung vom EZB-Rat abgesegnet werden.Bei seiner jüngsten Sitzung hatte der EZB-Rat ELA-Hilfen für die vier führenden Banken in Griechenland bewilligt.Auf Dauer dürfte es im Rat aber heftige Diskussionen geben, wenn sie zum Normalzustand werden. Denn als solche sind sie eigentlich nicht gedacht.Unabhängig davon stehen die Banken aber ohnehin noch vor einer weiteren großen Herausforderung: Bereits vor langem hatte die EZB beschlossen, dass sogenannte staatlich garantierte Bankschuldverschreibungen zur Eigennutzung ab 1. März 2015 nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert werden. Dem Vernehmen nach haben griechische Institute solche Papiere in großem Stil als Pfand genutzt (vgl. BZ vom 9. Januar). Athen bei QE außen vorDarauf, dass sich die EZB im Zuge ihrer am Donnerstag beschlossenen breiten Staatsanleihekäufe (Quantitative Easing, QE) zum großen Retter Griechenlands aufschwingt, darf in Athen keiner hoffen. Kurzfristig ist Hellas durch zwei Bedingungen des QE-Programms außen vor: Einerseits will die EZB bei Staatsanleihen unterhalb Investment Grade auch nur kaufen, wenn es ein Rettungsprogramm gibt, aber nicht dann, wenn dieses gerade überprüft wird – was aktuell bei Griechenland der Fall ist. Andererseits will die EZB nicht mehr als ein Drittel der Schulden eines Landes kaufen – aktuell liegt Athen dabei durch die SMP-Käufe schon darüber. Die EZB kann also erst ab Sommer griechische Titel kaufen, wenn andere Papiere auslaufen – das aber dann auch nur in begrenztem Umfang.