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Die EZB und der Kampf um mehr Inflation

Zum Jahreswechsel dürfte Teuerung stark zulegen

Die EZB und der Kampf um mehr Inflation

Von Mark Schrörs, FrankfurtIn Spanien sind die Preise zum Jahresende überraschend so stark gestiegen wie seit August 2013 nicht mehr – nämlich um 1,4 %, nach 0,5 % im November. Die neuen Daten vom Freitag schüren die Erwartung, dass auch in der Eurozone im Dezember ein kräftiger Anstieg zu Buche stehen wird. Das erhöht die Aufmerksamkeit für die erste Schätzung, die am Mittwoch kommt, zusätzlich.Die Volkswirte erwarten im Mittel eine Teuerungsrate für Euroland von 1,0 % (November: 0,6 %). Auch ein wenig mehr scheint möglich. So erwartet die Commerzbank 1,1 %. Es wäre das erste Mal seit September 2013, dass die Rate wieder die 1-Prozent-Marke erreicht oder überschreitet. Ein solcher Anstieg wird das Denken in der Europäischen Zentralbank (EZB) kaum komplett verändern – oder gar einen direkten Kurswechsel auslösen. Zum einen rechnet die EZB selbst bereits mit einem deutlichen Anstieg 2017. Zum anderen sind auch 1,0 % noch weit entfernt vom EZB-Ziel von “unter, aber nahe 2 %”. Seit Februar 2013 liegt die Inflation unterhalb von 2,0 %.Drittens schließlich hat die EZB erst Anfang Dezember ihr umstrittenes Anleihekaufprogramm (Quantitative Easing, QE) über das bisherige Enddatum März 2017 bis Dezember 2017 verlängert, wenn auch mit einem reduzierten monatlichen Kaufvolumen ab April 2017 von 60 Mrd. Euro statt aktuell 80 Mrd. Euro.Ein derart starker Anstieg der Inflation und das Erreichen der 1-Prozent-Marke aber könnte zumindest Akzente in der Diskussion, auch im EZB-Rat, verschieben. Das wäre umso mehr der Fall, wenn die Teuerung künftig noch stärker anziehen sollte als ohnehin erwartet. Die EZB hatte dieses “Aufwärtsrisiko” unlängst mit Blick auf den steigenden Ölpreis in ihrem Wirtschaftsbericht thematisiert (vgl. BZ vom 23. Dezember).Wenn die Euro-Teuerung deutlich anzieht und zugleich die Wirtschaft auf Kurs bleibt, dürfte die Debatte lauter werden, ob eine Geldpolitik, die noch expansiver ist als zum Höhepunkt der Weltfinanzkrise, noch angemessen ist. Nicht zuletzt Bundesbankchef Jens Weidmann warnt davor, den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik zu spät anzugehen.Entscheidend scheinen nun zwei Dinge zu sein: zum einen, wie sich die Inflation nach dem Sprung zum Jahreswechsel weiter entwickelt. Bislang erwartet die EZB einen allmählichen weiteren Anstieg und im Jahresdurchschnitt 1,3 %. Zum anderen richtet sich der Blick stark auf die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel. Diese verharrt seit einigen Monaten bei 0,8 %, und auch für Dezember werden 0,8 % erwartet. Der Anstieg der Gesamtrate resultiert vor allem aus Ölpreiseffekten. Insbesondere der schwache Lohnanstieg, also die Sorge vor Zweitrundeneffekten der lange niedrigen Teuerung, sorgt viele Euro-Notenbanker. Sie haben deshalb auch die Inflationserwartungen sehr genau im Blick – die aber jüngst angezogen haben. Trotzdem wollen jene Notenbanker lieber länger am ultralockeren Kurs festhalten, als zu früh den Ausstieg einzuläuten.