Die Prioritäten von Frankreichs neuem Premier

Weniger Arbeitslosigkeit - mehr Dezentralisierung

Die Prioritäten von Frankreichs neuem Premier

wü Paris – Nach dem großen Fernsehinterview von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat dessen neuer Premierminister Jean Castex am Mittwoch in einer Grundsatzerklärung vor der Nationalversammlung die Leitlinien der Regierungspolitik für die kommenden Monate definiert. Oberste Priorität hat für ihn dabei die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, weshalb für Kurzarbeitsmaßnahmen in diesem Jahr 30 Mrd. Euro und im kommenden Jahr 8 Mrd. Euro bereitgestellt werden sollen. Zudem soll die bereits beschlossene Reform der Arbeitslosenversicherung, die nach der Sommerpause in Kraft treten soll, “ausgestaltet werden”.Castex, der sich selbst als “sozialen Gaullisten” bezeichnet, hat aber auch den Ehrgeiz, “die so verschiedenen Frankreichs miteinander zu versöhnen, sie zu verschweißen oder wieder zu verschweißen”. Dabei soll den verschiedenen Regionen eine zentrale Rolle zukommen, weshalb der bisherige Bürgermeister der in der Nähe von Perpignan gelegenen Gemeinde Prades eine weitere Dezentralisierung wünscht.Frankreichs neuer Premierminister nannte auch Details zu dem von Macron angekündigten Plan zur Wiederankurbelung der Wirtschaft im Umfang von mindestens 100 Mrd. Euro. Dieser soll aus vier Hauptelementen bestehen: der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone, dem ökologischen Wandel, Aus- und Fortbildung sowie Solidarität. “Wir sind heute zu abhängig von unseren externen Partnern”, sagte Castex. “Wir werden im Rahmen des Wiederaufbauplans 40 Mrd. Euro dafür einsetzen, dass sich das ändert.”In dieser Summe werden auch die geplante Senkung der Produktionsabgaben, Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals von Unternehmen, Exporthilfen und Hilfen zur Digitalisierung enthalten sein, erklärte das Wirtschaftsministerium gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Noch sei jedoch nichts endgültig entschieden. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire soll den Hilfsplan nach der Sommerpause präsentieren. Für den ökologischen Wandel, womit vor allem die energetische Gebäudesanierung gemeint ist, sollen 20 Mrd. Euro bereitgestellt werden, für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen weitere 20 Mrd. Euro. Dabei hat die Regierung vor allem junge Arbeitnehmer im Blick, bei deren Einstellung ein bis zwei Jahre keine Abgaben anfallen sollen und für die Castex zudem eine Prämie in Aussicht stellte.In Solidaritätsmaßnahmen zur Unterstützung der schwächsten Haushalte und zur Stärkung der Kaufkraft sollen ebenfalls 20 Mrd. Euro investiert werden. So soll die Schulanfangszulage um 100 Euro erhöht werden. Außerdem sollen in der Mensa Gerichte für 1 Euro angeboten werden für Studenten aus einkommensschwachen Haushalten, die ihr Studium mit Hilfe eines Stipendiums finanzieren. In das Gesundheitssystem will Castex 6 Mrd. Euro investieren. Diese Summe gilt zusätzlich zu dem am Montag von ihm mit den Gewerkschaften vereinbarten Plan, der Ausgaben in Höhe von 8,1 Mrd. Euro vor allem für die Aufstockung der Gehälter des Pflegepersonals vorsieht.Der Regierungschef versprach, für den wirtschaftlichen Wiederaufbauplan ein Generalkommissariat zu ernennen und alle ein bis zwei Monate darüber zu informieren, wie seine Mannschaft bei der Umsetzung des Plans vorankommt. Er schloss wie zuvor Macron Steuererhöhungen aus, hält aber an der Rentenreform fest.