Von Angela Wefers, BerlinEs war nicht ganz neu, was der frühere Personalvorstand von VW und geistige Kopf der Schröder’schen Arbeitsmarktreform “Agenda 2010” zu bieten hatte. Neu war aber, dass Peter Hartz wieder das Licht der Öffentlichkeit suchte, um seinen Vorschlägen zur Beseitigung von Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit Schub zu verleihen. Die Präsidentenwahl in Frankreich ist für den 75-jährigen Saarländer der Anlass, eine deutsch-französische Initiative zur Fortentwicklung der Hartz-Reformen für den Arbeitsmarkt zu fordern. Konzept für FrankreichEin “sehr schönes Zeitfenster” sei mit der Wahl Emmanuel Macrons zum französischen Staatspräsidenten nun offen, um die deutsch-französischen Beziehungen wieder zu beleben und mit einem konkreten Projekt zu starten, trägt Hartz in gesetzten Worten in der Bundespressekonferenz vor er vor. “Dieses konkrete Projekt könnten wir morgen beginnen.” Die Vorschläge kenne der scheidende Staatspräsident François Hollande bereits. Macron habe die Präsentation in seiner Zeit als “Wirtschaftsberater” organisiert. In Frankreich seien die Pläne gut aufgenommen worden, konstatiert Hartz. Gleichwohl fehlt es dem früheren Personalvorstand von Volkswagen an politischer Unterstützung. “Wir setzen auf die Kraft der Medien und der Argumente”, retournierte er ausweichend eine Frage, ob er das Konzept im politischen Betrieb in Berlin vorgestellt habe.Vor mehr als zehn Jahren hatte eine Affäre um Lustreisen und Millionen-Boni für Betriebsräte Hartz seinen Posten bei Volkswagen gekostet. In einem Strafverfahren wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Seitdem war es still um den Mann geworden, der 2002 als Kopf einer Kommission der von Gerhard Schröder (SPD) geführten rot-grünen Regierung die Grundlagen zur Reform der Arbeitsmarkt- und Sozialgesetzgebung legte. Die Grundsicherung “Hartz IV” bleibt unlösbar mit seinem Namen verbunden und machte ihn politisch zur Zielscheibe.Das Konzept der “Minipreneure” gegen Langzeitarbeitslosigkeit entwickelte Hartz bereits 2010 zusammen mit einer Gruppe von Wissenschaftlern und Fachleuten in der saarländischen SHS Foundation. Mitte 2014 wurden die Ideen zur Jugendarbeitslosigkeit in einem Kongress vorgestellt. Die Stiftung will unter dem Slogan “Saarländer helfen Saarländern” das Bundesland als Kulturregion und Wirtschaftsraum in der Welt präsentieren, Völkerverständigung und Wissenschaft fördern. Getragen wird die Stiftung von Unternehmen der Region.Die “Minipreneure” gegen Langzeitarbeitslosigkeit und das Konzept gegen Jugendarbeitslosigkeit schließen für Hartz Lücken im erfolgreichen Reformkonzept von damals. Neue Möglichkeiten der Datenverarbeitung und der Hirnforschung erlaubten Erkenntnisse und Wege, darunter die Erfahrung: das Hirn passt sich der Arbeitslosigkeit an. So sollen Langzeitarbeitslose mit kundiger Begleitung schrittweise in den Arbeitsmarkt zurückgeführt werden und einen staatlich subventionierten Mindestlohn erhalten. Jugendliche könnten etwa durch “Zeitwertpapiere” in Ausbildung gebracht werden. Die Tools der detaillierten Konzepte lägen auf dem Tisch. Erfolgsmodell Agenda 2010Die Bestrebungen der SPD zur Aufweichung der Agenda 2010 kommentiert SPD-Mitglied Hartz nicht. Als einziger Fehler fällt ihm – nach einigem Zögern – dazu ein, dass die Trennung der Organisationsstränge in die Bundesagentur für Arbeit einerseits und die kommunal verankerten Jobcenter andererseits für die Arbeitssuchenden unglücklich sei. Diese Aufteilung habe sich erst im Gesetzgebungsverfahren ergeben und zolle dem Föderalismus Tribut. Erneut in der Rolle des Regierungsberaters sieht Hartz sich nicht. “In meinem Alter brauchen Sie keine Karriere mehr zu machen”, sagte er. “Da sollten Sie sich nur noch betätigen bei Dingen, die etwas bringen.”