DIW: Industrie entlohnt weniger als möglich

Studie sieht noch Verteilungsspielraum in Fahrzeugbau, Maschinenbau, Metallerzeugung und Chemie

DIW: Industrie entlohnt weniger als möglich

wf Berlin – Einen deutlich höheren Spielraum für Lohnsteigerungen, als tatsächlich ausgeschöpft worden ist, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für die vergangenen zehn Jahre ermittelt. Verglichen mit der Entwicklung der Produktion in verschiedenen Branchen seien die Löhne im Schnitt um 0,3 Prozentpunkte pro Jahr dahinter zurückgeblieben. “Besonders in bedeutenden Industriezweigen wäre mehr möglich gewesen”, schreibt das DIW in seinem jüngsten Wochenbericht.Nach der Untersuchung der DIW-Experten stieg die Bruttowertschöpfung zu jeweiligen Preisen von 2003 bis 2011 um jährlich fast 2,5 %. Die Arbeitsentgelte – Bruttolöhne zuzüglich Sozialbeiträge der Arbeitgeber – nahmen hingegen nur um etwas mehr als 2,1 % zu. “Die Arbeitgeber profitierten vom Zuwachs der Wirtschaftsleistung stärker als die Arbeitnehmer”, konstatierte DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke. Im verarbeitenden Gewerbe wuchs die Produktion jahresdurchschnittlich um 2,6 %, die Arbeitsentgelte stiegen aber nur um 1,8 %. Hochlohnbranchen knausernAuf die Dauer ergebe sich trotz der klein erscheinenden Differenz ein erheblicher Umverteilungseffekt, stellte das DIW fest. Der Verteilungsspielraum sei vor allem in Branchen nicht ausgeschöpft worden, in denen bereits relativ hohe Löhne gezahlt werden. In diesen Industriezweigen seien die Entgelte zwar teils kräftig gestiegen, doch wären mit Blick auf die noch stärker gewachsene Bruttowertschöpfung noch deutlich höhere Lohnzuwächse pro Jahr möglich gewesen, erläuterte Brenke. Die Wettbewerbsfähigkeit hätte dadurch nicht gelitten.Nicht voll ausgeschöpft worden ist der Spielraum besonders im verarbeitenden Gewerbe – dort vor allem im Fahrzeugbau, Maschinenbau, in andere Investitionsgüter produzierenden Branchen, in der Metallerzeugung sowie der chemischen Industrie. In diesen Zweigen hätten die Löhne gemessen an der Produktionsentwicklung seit 2003 jedes Jahr um 0,8 Prozentpunkte höher ausfallen müssen. Auch in der Bauwirtschaft stiegen die Löhne mit geringerem Tempo als die Wirtschaftsleistung.Lohnentwicklungen, die höher waren, als es dem Verteilungsspielraum angemessen gewesen wäre, hat es dem DIW zufolge bei Unternehmensdienstleistungen wie den freiberuflichen und technischen Diensten sowie bei Forschung und Entwicklung gegeben. Auch im Handel hätten die Löhne zuletzt stärker zugelegt als die Wirtschaftsleistung, schreibt das DIW. Im Dienstleistungssektor insgesamt sei die Lohnentwicklung aber nahe am Verteilungsspielraum geblieben. Darunter habe nur das Gastgewerbe noch etwas Luft nach oben gelassen.