DIW senkt die Deutschlandprognose

Fratzscher warnt vor dem Grexit

DIW senkt die Deutschlandprognose

wf Berlin – Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat die Wachstumserwartungen für Deutschland für 2015 deutlich zurückgenommen. Die Wissenschaftler begründen dies mit der unerwartet schwachen Produktionsentwicklung zu Jahresbeginn. “Die deutsche Wirtschaft erscheint derzeit stärker, als sie tatsächlich ist”, warnte DIW-Präsident Marcel Fratzscher in Berlin. Sonderfaktoren wie der niedrige Ölpreis und der schwache Euro unterstützten derzeit. “Die Risiken sind hingegen enorm”, warnte Fratzscher.Für 2015 prognostiziert das DIW nun ein Plus 1,8 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anstelle der noch im März geschätzten 2,2 %. Für 2016 erwarten die Forscher mit einem Plus des BIP von 1,9 % ein ähnliches Niveau wie in diesem Jahr. Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung erwachsen aus der Wirtschaftskrise in Griechenland und dem Konflikt um Russland und in der Ukraine.Scheiterten die Verhandlungen mit Griechenland und träte das Land aus dem Euroraum aus, käme es also zum Grexit, könnte dies Verwerfungen auf den Finanzmärkten hervorrufen und fatale Folgen in Europa und Deutschland haben, befürchtet das DIW. Das Ansteckungsrisiko der Griechenland-Krise sei nicht zu unterschätzen, konstatierte Fratzscher.Zum Wachstum in Deutschland beitragen dürfte nach Einschätzung des DIW weiterhin maßgeblich der private Verbrauch – auch weil die Beschäftigung nach wie vor steige. Bei den Realeinkommen rechnet das DIW mit einer kräftigen Steigerung. Die Arbeitslosenquote sinkt der Prognose zufolge um 0,3 Prozentpunkte auf 6,4 % in diesem und weiter auf 6,2 % im nächsten Jahr. Die Kaufkraft dämpften der abgebremste Ölpreisverfall und der leichte Anstieg der sehr niedrigen Inflationsrate. Das DIW schätzt sie auf 0,6 % in diesem und 1,2 % im nächsten Jahr. InvestitionszurückhaltungDie Unternehmen weiteten ihre Ausrüstungsinvestitionen indessen nur zögerlich aus, nicht zuletzt wegen der Unsicherheit, so der DIW-Chef. Bislang sei nicht einmal das Vorkrisenniveau erreicht. Die Exporte nähmen nach dem schwachen Jahresauftakt etwas an Fahrt auf. Die dynamische Binnenkonjunktur dürfte auch die Importe steigen lassen. Der Leistungsbilanzsaldo werde 2015 und 2016 mit jeweils 8,4 % gemessen am BIP hoch bleiben.Die Lage der öffentlichen Haushalte bleibe gut, sagte DIW-Expertin Kristina van Deuverden. Neben der Ausweitung von Investitionen sollte auch der Arbeitsanreiz verbessert werden. Das DIW rät, die Sozialversicherungsbeiträge zu senken. Im internationalen Vergleich belasteten hierzulande die Sozialbeiträge stärker als die Steuern. Dies mache Arbeit teuer und bremse das Wachstum. Laut DIW liegen die deutschen Steuereinnahmen deutlich unter der durchschnittlichen Belastung in der EU und in Euroland. Dies gelte sowohl für die Gesamtsumme der Steuereinnahmen als auch für die Belastung der privaten Haushalte mit Einkommen- und Vermögensteuern.