Drohende Herabstufung gefährdet Renzi
tkb/ms Mailand/Frankfurt – Der drohende Verlust des letzten noch verbliebenen “A”-Ratings hat in Italien zu großer Nervosität in Politikkreisen geführt. Die Ratingagentur DBRS hatte angekündigt, eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit des hoch verschuldeten Landes zu prüfen. Während Roms Regierung ungewöhnlich heftig auf die Ankündigung reagierte, zeigten sich die Finanzmärkte gelassen. Zu Wochenbeginn konnte der Index an der Mailänder Börse dank einer positiven Entwicklung bei Bankaktien zeitweise über 1 % zulegen.Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums erklärte, dass die Regierung über die unerwartete DBRS-Entscheidung irritiert sei. Es würden Möglichkeiten des Einspruchs überprüft. Angeblich habe DBRS Regeln verletzt, da sie die mögliche Herabstufung zu einem Zeitpunkt bekanntgab, der außerhalb des Mitteilungskalenders liegt. In der Regel erfolgt die Korrektur einer Ratingagentur drei Monate nach der Warnung. Dies bedeutet, dass die Herabstufung Anfang November erfolgen könnte: Knapp bevor in Italien die Volksabstimmung über eine Verfassungsänderung stattfinden soll. Diese soll nach jüngsten Berichten am ersten oder zweiten November-Sonntag über die Bühne gehen. Zweifellos hätte ein Downgrade zu diesem Zeitpunkt Folgen für den Ausgang des Referendums. Premier Matteo Renzi hatte ursprünglich das Fortbestehen der Regierung an den Ausgang der Volksabstimmung geknüpft. Jüngst machte er jedoch einen Rückzieher. Trotzdem entwickelt sich das Referendum immer mehr zu einer “Renzi-Abstimmung”.Eine Herabstufung hätte vor allem auch Folgen für die Möglichkeiten, italienische Staatsanleihen als Sicherheiten bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu hinterlegen und damit für Italiens Banken, die davon stark Gebrauch machen. Denn generell gilt: Je schlechter die Bonitätsnote, desto höher der Abschlag (“haircut”), den die EZB auf den Marktwert eines Wertpapiers erhebt, das als Sicherheit genutzt wird. Für die gleiche Summe an EZB-Geld müsste eine Bank also mehr Anleihen hinterlegen. Verlöre Italien sein letztes “A”-Rating, würden sich konkret die Abschläge deutlich um 5,5 bis 9 Prozentpunkte erhöhen – je nach Länge der Restlaufzeit und Kuponstruktur. Das machte auch die Anleihen des Landes generell unattraktiver. Anders als im Frühjahr bei Portugal, als es um eine Herabstufung unter “BBB-” ging, geht es bei Italien aber (noch) nicht um die Frage, ob solche Papiere überhaupt noch als Sicherheit akzeptiert werden. Debatte über QE-RegelnFür das Anleihekaufprogramm QE (Quantitative Easing) hätte eine Herabstufung keine Bedeutung. Um sich für QE zu qualifizieren, brauchen Wertpapiere in der Regel ein Mindestrating von “BBB-“. Diese Voraussetzung bliebe erfüllt. Eine Herabstufung platzte aber hinein in die Debatte über eine Anpassung der QE-Regeln, in der auch darüber diskutiert wird, von der Aufteilung gemäß EZB-Kapitalschlüssel abzuweichen und verstärkt Papiere hoch verschuldeter Staaten wie Italien zu kaufen. Die Gegner eines solchen Schritts dürften sich bei einer Herabstufung bestärkt sehen.Die Banken, besser gesagt deren Sanierung steht weiterhin im Mittelpunkt des wirtschaftspolitischen Geschehens in Italien. Finanzminister Pier Carlo Padoan hatte am Wochenende der Mailänder Wirtschaftszeitung “Il Sole 24 Ore” erklärt, dass die Banken nicht auf Staatshilfe angewiesen seien. Selbst bei der Problembank Monte dei Paschi di Siena (MPS) genüge es, dass der Staat als Garantiegeber beim Verkauf fauler Kredite auftrete. Damit hat er sich gegen die Äußerung von Zentralbankchef Ignazio Visco gestellt, der einen Tag zuvor noch Staatshilfen nicht für ausgeschlossen hielt. Kurios ist auch, dass Padoan noch vor wenigen Wochen für eine staatliche Hilfe bei MPS eingetreten war, während Regierungschef Renzi für eine marktgerechte Lösung plädierte. Auch hat Padoan erstmals zugegeben, dass Rom 2017 nicht die angepeilte Defizitgrenze von 1,8 % der Wirtschaftsleistung einhalten kann. Grund dafür sei das geringe Wachstum.