PERSONEN

Ein ruhiger Aufseher für Griechenlands Finanzen

dpa-afx - Drei Tage nach dem Wahlsieg des Linksbündnisses Syriza ist am Mittwoch die neue griechische Koalitionsregierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras vereidigt worden. Der Regierungschef setzt dabei auf Kontinuität. Damit signalisierte er...

Ein ruhiger Aufseher für Griechenlands Finanzen

dpa-afx – Drei Tage nach dem Wahlsieg des Linksbündnisses Syriza ist am Mittwoch die neue griechische Koalitionsregierung unter Ministerpräsident Alexis Tsipras vereidigt worden. Der Regierungschef setzt dabei auf Kontinuität. Damit signalisierte er nach Auffassung der griechischen Medien, dass er die mit den Gläubigern vereinbarten Auflagen erfüllen wolle. Tsipras war bereits am Montag vereidigt worden. Signal der KontinuitätEuklid Tsakalotos (Syriza) wird erneut oberster Kassenhüter sein. In der neuen griechischen Regierung wird es zudem einen stellvertretenden Finanzminister geben, der die Umsetzung aller Auflagen der Geldgeber überprüfen soll. Diese Aufgabe übernimmt Giorgos Chouliarakis (parteilos), einer der erfahrensten Unterhändler der Griechen in den Verhandlungen mit den Gläubigern. Er war Finanzminister der bis zur Neuwahl amtierenden Interimsregierung. Kontinuität auch im Außenministerium: Ressortchef wird hier Nikos Kotzias (Syriza). Er war auch bei der vorigen Tsipras-Regierung Außenminister. Der Chef des Junior-Koalitionspartners, der Unabhängigen Griechen (Anel), Panos Kammenos, leitet erneut das Verteidigungsministerium.Mit seinem Amtsvorgänger, dem oft als Draufgänger beschriebenen Giannis Varoufakis, verbindet den neuen alten Finanzminister nur wenig – etwa, dass Tsakalotos nie Krawatte trägt. In der Eurogruppe wird Tsakalotos gern gesehen. “Er spricht eben die Sprache eines Finanzministers”, sagen viele, die ihn näher kennen. Sein Vorgänger Varoufakis soll europäische Amtskollegen immer wieder zur Verzweiflung getrieben haben, etwa wenn er auf konkrete Finanzfragen antwortete: “Lasst uns doch nicht so technisch werden.” Die Experten der Gläubiger-Institutionen sollen sich laut Diplomaten in Athen mehrmals “angenehm überrascht” geäußert haben über den “ruhigen Vertreter” Griechenlands, der ihnen mit seinem Auftreten die Verhandlungen erleichtere. Tsakalotos handelte im Sommer das neue Hilfsprogramm in Höhe von bis zu 86 Mrd. Euro aus. ZielorientiertEuklid Tsakalotos wirkt manchmal etwas geistesabwesend. Der Eindruck trügt. Wenn er sich ein Ziel gesetzt hat, dann ist er stets konzentriert, “und nichts kann ihn davon abhalten, es zu Ende zu bringen”, so erzählen es langjährige Weggefährten.Tsakalotos meidet die Kameras. Und wenn er mit den Medien spricht, fasst er sich kurz. Als Spross einer reichen Familie wurde Tsakalotos 1960 in Rotterdam geboren. 1965 zogen seine Eltern mit ihm nach England. Er besuchte die Universitäten von Eaton und Oxford, spricht seitdem feines Oxford-English. Als Tsakalotos 1993 nach Griechenland kam, soll er Probleme mit der Muttersprache gehabt haben. Noch heute merken es seine Landsleute, wenn er Griechisch spricht. Er sucht dann ab und zu nach Ausdrücken und fragt seine Gesprächspartner: “Wie heißt denn das Wort, wie sagt man dazu …?” 2010 machte die Universität Athen den mit einer Schottin verheirateten Vater von drei Kindern zum Professor der Ökonomie.Geldprobleme soll der neue Finanzminister des hoch verschuldeten Euro-Krisenlandes selbst nie gehabt haben. Er habe eben ein Vermögen geerbt und könne nichts dafür, sagt Tsakalotos immer wieder. Profitgier wird ihm als Mitglied der linken Syriza-Bewegung jedenfalls nicht nachgesagt.Nach ihrer Vereidigung hat die neue griechische Regierung Gespräche mit den internationalen Gläubigern über eine Schuldenerleichterung an die Spitze ihrer Agenda gehoben. Ebenfalls Priorität habe zudem die Rekapitalisierung der Banken zur Stabilisierung der Wirtschaft, sagte Finanzminister Tsakalotos am Mittwoch vor Journalisten in seinen ersten öffentlichen Äußerungen. Tsipras hatte bereits kurz nach seiner Wiederwahl das Thema Schuldenerleichterungen auf Platz eins seiner Regierungsarbeit gesetzt. Die erste Überprüfung der Fortschritte des Reformpakets findet im Oktober statt. Dann steht auch eine erneute Bestandsaufnahme des griechischen Schuldenbergs an, der 2016 auf über 200 % des Bruttoinlandsprodukts wachsen dürfte. Einen konkreten Schuldenerlass lehnen die anderen Euro-Länder ab; ein solcher “Haircut” würde tiefe Löcher in ihre Etats reißen.