Eine Kleinstadt in der Großstadt

Von Alexandra Baude, Frankfurt Börsen-Zeitung, 16.7.2020 So ein Campus ist doch was Schönes: Alle Schäfchen sind an einem Ort versammelt, die Wege sind kurz, es gibt Raum für Vielfalt, und auch sonst ist für alles gesorgt. Bis so ein Ort aufgebaut...

Eine Kleinstadt in der Großstadt

Von Alexandra Baude, FrankfurtSo ein Campus ist doch was Schönes: Alle Schäfchen sind an einem Ort versammelt, die Wege sind kurz, es gibt Raum für Vielfalt, und auch sonst ist für alles gesorgt. Bis so ein Ort aufgebaut ist, braucht man aber vor allem eines: einen langen Atem. Dass sie diesen hat, wird nun die Deutsche Bundesbank beweisen müssen, die auf dem Weg zu ihrem Campus wieder ein Stück vorangekommen ist. Seit gestern kann der Fortschritt im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt besichtigt werden – bis zum 18. Oktober werden dort die 29 eingereichten Entwürfe in der Ausstellung “Campus Deutsche Bundesbank – Entwürfe für den neuen Campus der Zentrale der Bundesbank in Frankfurt” präsentiert.”Jetzt nimmt das größte Bauprojekt der Bundesbank seit ihrem Bestehen und wahrscheinlich eines der größten öffentlichen Hochbauprojekte derzeit in der Bundesrepublik Deutschland weiter Form an”, sagte der unter anderem für Bauvorhaben zuständige Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann bei der Ausstellungseröffnung. Bis allerdings die endgültige Form feststeht, wird es noch dauern. Klar ist, dass auf das Gelände an der Wilhelm-Epstein-Straße alles kommt, “was man in einer Kleinstadt mit 5 000 Mitarbeitern so braucht”: Laut Beermann sind dies Büros, ein Konferenzzentrum, Sportstätten, eine Kita, ein Gastronomiepavillon – also “das, was man früher Kantine nannte” – Tiefgaragen, ein Logistikzentrum und die zugehörige Infrastruktur.Grundlage des weiteren Vorgehens ist der im Architektenwettbewerb mit dem 1. Preis ausgezeichnete Entwurf der Morger Partner Architekten (vgl. BZ vom 20. Juni). Der Bundesbank-Vorstand ist damit den Empfehlungen des Preisgerichts gefolgt. Alle geplanten neuen Bürogebäude werden auf der Basis dieses Entwurfs umgesetzt bzw. weiterentwickelt. Nun beginnt das Verhandlungsverfahren, das voraussichtlich im Sommer 2021 abgeschlossen sein soll – “dann sollten die Verträge also unter Dach und Fach sein”, betonte Beermann.Wie in dem städtebaulichen Gestaltungskonzept von Ferdinand Heide Architekt, für den sich die Bundesbank Ende 2018 entschieden hatte, sollen drei identisch ausgeführte schmale Bürohausscheiben entstehen. Allerdings – und das ist neu – wird das Bürogebäude West auf die gleiche Länge wie die anderen beiden Büroneubauten verkürzt, und nach Westen hin “wird ein viergeschossiger Baukörper ergänzt, der ein spannungsvolles Gegengewicht zum Hauptkassengebäude bildet und dieses so neu in Szene setzt”. Kernstück des Ensembles bleibt aber das 13-stöckige Haupthaus, das von 1967 bis 1972 in der Bautradition des “béton brut” erbaut wurde. Dessen notwendig gewordene Grundsanierung hat die Idee befördert, alle 5 000 Bundesbank-Mitarbeiter, die derzeit noch in der Stadt verteilt sind, an einem Standort zusammenzuziehen.Wann es allerdings so weit sein wird und wie viel dieses Vorhaben kosten wird – hier hüllt sich Beermann weiter in Schweigen. Für seriöse Schätzungen sei es noch zu früh. Das Haupthaus sei erst 2021 leergezogen – die rund 2 000 Mitarbeiter kommen im Frankfurter Büro Center (FBC) unter. Der Mietvertrag läuft sieben Jahre mit der Option auf eine Verlängerung, so dass Beermann daraus auch keinen Schluss auf die Bauzeit der rund 100 000 Quadratmeter oberirdischer Bruttogrundfläche zulassen möchte.Zumal das Preisgericht Weiteres empfohlen hat. Etwa eine umfassende Präzisierung der Anforderungen, “da keine der Arbeiten überzeugende Lösungen für das Logistikzentrum aufgezeigt hat”, wie es im Preisgerichtsprotokoll heißt. Auch bedürften die Themen Ressourcenschonung und Klimaneutralität einer Betrachtung unter Einbeziehung des gesamten Campus. Bis die Kleinstadt in der Großstadt steht und die neue Architektur “die Solidität der Bundesbank unterstreicht”, werden noch etliche Pläne gezeichnet werden.——Von heute an zeigt das Architekturmuseum die Entwürfe für den neuen Bundesbank-Campus.——