Klimaschutz

Einigung auf ein EU-Klimagesetz

55 % weniger CO2-Emissionen bis 2030 – auf dieses Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität haben sich die EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament geeinigt. Aus Brüssel und den EU-Hauptstädten gab es vor allem Beifall, auch aus der Wirtschaft kam nur wenig Gegenwind. Kritik gab es von Umweltschützern und den Grünen.

Einigung auf ein EU-Klimagesetz

ahe Brüssel

Die EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament haben sich auf ein europäisches Klimagesetz geeinigt. Dieses schreibt die Klimaneutralität der EU bis 2050 fest. Als Zwischenziel bis 2030 wird zugleich eine CO2-Senkung um 55% im Vergleich zu 1990 festgezurrt. Diese Zielmarke hatte im vergangenen Herbst die EU-Kommission vorgeschlagen, und darauf hatten sich dann im Dezember auch schon die Staats- und Regierungschefs der EU verständigt.

Vor allem um das 2030-Ziel wurde in den mehr als 15 Stunden dauernden Schlussverhandlungen der Unterhändler aber noch erbittert gerungen. Das EU-Parlament wollte eigentlich mehrheitlich ein 60-Prozent-Senkungsziel bis Ende der Dekade durchsetzen. Zudem wurde die Anrechnung von Wäldern und Mooren, die CO2 speichern, zu einem großen Streitthema. Grüne und Umweltschützer kritisierten, die letztlich beschlossene Anrechnung senke das 2030-Ziel faktisch auf knapp 53% ab. „Am Ende steht leider nur ein weichgespülter Kompromiss, statt ein starkes Ziel, das der aktuellen Lage gerecht würde“, sagt Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland.

Auch das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel sprach von einem „faulen Kompromiss“. Insbesondere vor dem Hintergrund des langfristigen Ziels der Treibhausgasneutralität wäre es besser gewesen, das 2030-Ziel auf 60% anzuheben, gleichzeitig aber die Anrechnung von Aufforstung nicht zu deckeln, so IfW-Ex­perte Wilfried Rickels, der für mehr Flexibilität in der EU-Klimapolitik plädierte.

Allgemein wurde der gefundene Kompromiss in Brüssel und in den EU-Hauptstädten aber mit viel Beifall bedacht. „Dies ist ein entscheidender Moment für die EU“, sagte der für den Green Deal zuständige Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans. Damit werde der Klimaschutz rechtlich verpflichtend und werde die Politik der EU die nächsten 30 Jahre leiten. Auch der Verhandlungsführer der Christdemokraten im Europaparlament, Peter Liese (CDU), sprach von einer „historischen Einigung“.

Beifall von Bundesregierung

Lob kam auch von der Bundesregierung: Wirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte, Wirtschaft und Klimaschutz profitierten beide. „Wir können mit Investitionen in Innovationen und neue saubere Technologien Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.“ Nach Einschätzung von Umweltministerin Svenja Schulze bedeutet der Beschluss für Deutschland, dass das Tempo beim Klimaschutz deutlich erhöht werden müsse. „Der Ausbau von Sonnen- und Windkraft muss beschleunigt werden, der Kohleausstieg wird schneller kommen als bisher geplant.“ Die EU habe mit einem starken Beschluss vorgelegt. Jetzt komme es darauf an, dass auch die anderen großen Volkswirtschaften, allen voran die USA und China, ihre Klimaziele engagiert anheben würden, so Schulze.

Am Donnerstag und Freitag hat die US-Regierung zum World Leaders Summit on Climate eingeladen. Die Grünen im EU-Parlament sehen die EU durch die nun gefundene Einigung international eher geschwächt. Der zuständige Abgeordnete Michael Bloss kritisierte, das Klimagesetz reiche nicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. „Die Blockade der Bundesregierung und der Mehrheit der EU-Regierungen unterläuft den Klimaschutz und macht die Europäische Union zu einem schwachen globalen Partner“, monierte Bloss.

Kaum Kritik

Aus der Wirtschaft kam hingegen kaum noch Kritik an dem 55-Prozent-Ziel. Der deutsche Maschinenbauverband VDMA bezeichnete dieses als „ambitioniert, aber notwendig“. Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann verwies darauf, dass das 2030-Ziel auch „erhebliche Chancen im weltweiten Wettbewerb“ biete. Es zu erreichen erfordere nun aber eine schnelle, marktorientierte Überarbeitung des Politikrahmens. Innovationen müssten durch Technologieoffenheit angereizt werden.

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) forderte nun eine Novellierung des Emissionshandels und stärkere Schutzmaßnahmen gegen die Verlagerung von Produktion an außereuropäische Standorte (Carbon Leakage). Ziel müsse es sein, negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen möglichst gering zu halten, betonte Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. Dazu gehöre auch eine Überarbeitung des europäischen Beihilferechts.

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl verwies darauf, dass mit einem Anteil von rund 30% an den Industrieemissionen die Stahlindustrie einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen der Ziele leisten könne. Dazu müsse die Produktion aber auf CO2-arme Verfahren umgestellt werden, die mit erheblichen Mehrkosten verbunden seien.