Einzelhandel trotzt Coronakrise

Aber Sorge vor zweiter Welle und Firmenpleiten

Einzelhandel trotzt Coronakrise

Reuters Berlin – Die deutschen Einzelhändler haben ihren Umsatz im ersten Halbjahr trotz der Coronakrise gesteigert. Sie zählten von Januar bis Juni 3,2 % mehr in ihren Kassen als im Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag mitteilte. Allerdings ist das Gefälle innerhalb der einzelnen Branchen riesig. So brach das Geschäft mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren um 29,6 % ein, während der Internet- und Versandhandel auf ein Wachstum von 19,8 % kam.Der Handelsverband Deutschland (HDE) blickt deshalb pessimistisch nach vorn und warnt vor einer Pleitewelle. “Es gibt keinen Grund zur Entwarnung”, sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. “Nach wie vor sind viele Händler in großer Insolvenzgefahr.” Diese könnte vor allem dann zur Realität werden, wenn eine zweite Welle von Corona-Infektionen zu einem erneuten Lockdown mit Geschäftsschließungen führe.HDE-Präsident Josef Sanktjohanser mahnte angesichts steigender Infektionszahlen zu mehr Disziplin bei der Einhaltung der Coronaregeln. Corona werde die Handelsunternehmen im Bereich der Nichtlebensmittel etwa 40 Mill. Euro an Umsatz kosten. Das könne für 50 000 deutsche Handelsstandorte das Aus bedeuten. “Wenn schon die erste Welle der Pandemie solch dramatische Folgen im Handel hervorruft, möchte ich mir eine zweite nicht vorstellen”, warnte Sanktjohanser.Die Kauflaune der deutschen Verbraucher hat sich zuletzt merklich aufgehellt. Dazu trug auch die seit 1. Juli und bis Jahresende geltende Senkung der Mehrwertsteuer bei. Viele Händler haben versprochen, die Senkung in vollem Umfang an die Kunden weiterzugeben, um den Konsum anzukurbeln. Bei den Einzelhändlern selbst stößt die Senkung auf wenig Gegenliebe: Nur 13 % der Unternehmen aus dem Non-Food-Bereich bewerten diese Maßnahme im Hinblick auf eine Konsumbelebung positiv, ergab eine HDE-Umfrage. 18 % sehen negative Folgen, etwa durch Umstellungskosten. Anbieter langlebiger Gebrauchsgüter wie Möbel, Technik und Uhren/Schmuck sehen das etwas positiver. Ihre Ware ist teurer, die Steuersenkung stellt hier einen größeren Kaufanreiz dar.