"Ende des Monats fängt die Uhr an zu ticken"
bg Frankfurt – Die Auslandsbanken in Deutschland sind auch nach dem Londoner Parlamentsbeschluss zum Brexit noch nicht schlauer, wie sie die Weichen im Detail stellen sollen. “Wir wissen jetzt, dass per Ende des Monats die Uhr anfängt zu ticken”, sagte der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Auslandsbanken in Deutschland (VAB), Stefan Winter, auf der Jahrespressekonferenz am Dienstag. Da aber von der britischen Regierung noch keine inhaltlichen Aussagen getroffen worden seien, habe man auch noch “kein Gefühl dafür”, ob es nicht doch zum harten Brexit “ohne freien Zugang zum Binnenmarkt und europäische Passregelung” kommen könne. Ohne EU-Pass würden die betroffenen Institute “einige Zeit brauchen, neue Strukturen aufzubauen. Gehe man von der in Artikel 50 genannten Zeitspanne für die Verhandlungen von zwei Jahren aus, sei das wohl für die wenigsten ausreichend Zeit, insbesondere, wenn sie den EU-Raum über London bislang als Single Hub bedienen. Betrieb ist sichergestelltDas nahm Winter zum Anlass, auf rasche Klarheit in absehbar schwierigen Brexit-Verhandlungen zu dringen. “Wir brauchen Übergangsfristen, es geht nicht anders.” Diese Option ist zwar Gegenstand politischer Manöver, im Bundesfinanzministerium sei man sich aber bewusst, dass Marktrisiken für die Finanzstabilität entstünden, wenn Übergangsfristen fehlten. Aber selbst für den Fall, dass solche Übergangsregeln nicht zustande kämen, sei bei allen bundesweit 240 Auslandsbanken sichergestellt, dass sie operativ tätig sein könnten, versichert UBS-Manager Winter.Verlässt Großbritannien wie angekündigt den EU-Binnenmarkt, erhofft sich der Finanzplatz Frankfurt einen Schub. Einige Banken haben schon bei der Finanzaufsicht BaFin sowie in Berlin beim Finanzministerium vorgefühlt, um zu erfahren, was sie vor Ort an Infrastruktur und Personal vorhalten müssen, um eine deutsche Banklizenz zu lösen. Winter zufolge ist zu hören, dass “in zeitlicher Nähe zur Antragstellung” einige Institute Entscheidungen treffen würden. Bei vielen Diskussionen sei festzustellen, “dass die britische Aufsicht vielfach einzubeziehen sein wird, wenn beispielsweise durch die britischen Behörden genehmigte und beaufsichtigte Risikomodelle und Infrastrukturen im Rahmen des Outsourcing weiter genutzt werden sollen”. London bleibt bedeutendWer als Bank viele Funktionen und Infrastrukturen in London zentralisiert habe, müsse zunächst mal abwägen, welche Produkte und Dienstleistungen auch weiterhin im Binnenmarkt angeboten werden sollen. Dies betrifft aber nur rund ein Viertel der bislang aus Großbritannien heraus angebotenen Dienstleistungen und Produkte. “Daher ist es auch eine unserer Arbeitshypothesen, dass London weiterhin ein wichtiger internationaler Handels- und Finanzplatz bleiben wird.” Im Wettbewerb der Finanzplätze habe man sich dafür entschieden, gegenüber London einen partnerschaftlichen Ansatz zu vertreten. Rund um anstehende Standortentscheidungen höre man “Versprechungen, die am Rande der Regulierungsarbitrage und in dem einen oder anderen Fall auch beihilferechtlich bedenklich erscheinen”. Winter stellt in Frage, ob dies eine belastbare Grundlage für langfristig ausgerichtete Standortentscheidungen sein kann.