GROSSBRITANNIEN

Endspiel

Während in den Krankenhäusern von London und Manchester noch Opfer der jüngsten islamistischen Terroranschläge um ihr Leben ringen, geht der Wahlkampf in Großbritannien in die letzte Runde. Sadiq Khan, der Bürgermeister der britischen Metropole,...

Endspiel

Während in den Krankenhäusern von London und Manchester noch Opfer der jüngsten islamistischen Terroranschläge um ihr Leben ringen, geht der Wahlkampf in Großbritannien in die letzte Runde. Sadiq Khan, der Bürgermeister der britischen Metropole, warnte davor, dass die Polizei der Hauptstadt im Falle eines Wahlsiegs der Konservativen weitere Kürzungen verkraften müsste. Abgeschmackter geht es kaum. Aber wenn Premierministerin Theresa May dem Labour-Parteichef Jeremy Corbyn vorwirft, sich nicht schnell genug für die Ermächtigung der Polizei zu Todesschüssen ausgesprochen zu haben, ist das auch nicht viel besser.Als 2004 drei Tage vor den spanischen Parlamentswahlen in Madrid 191 Menschen in mit Pendlern vollgepackten Vorortzügen durch von Islamisten gelegte Bomben starben, machte die konservative Regierung von José María Aznar zunächst die baskischen Separatisten der Eta dafür verantwortlich. Diese Informationspolitik kostete ihn den sicher geglaubten Wahlsieg. In Großbritannien werden stündlich neue Einzelheiten über die Attentäter von Manchester und London bekannt. Die Konservativen müssen fürchten, dass noch mehr über die sogenannten Revolutionäre aus Libyen ans Licht kommt, denen Mays Vorgänger David Cameron Unterschlupf gewährte und die er nach Kräften förderte. Auch syrische Dschihadisten konnten sich im Vereinigten Königreich über mangelnde Gastfreundschaft nicht beklagen. Die Übergänge sind ohnehin fließend.Labour holte zuletzt in den Umfragen kräftig auf. Die Partei verspricht im Wahlprogramm, 10 000 neue Polizisten einzustellen, die vor allem als Nachbarschaftsbeamte eingesetzt werden sollen. Gegen zu allem entschlossene Mörder können unbewaffnete Bobbys nicht viel ausrichten. Wichtiger als das Gerangel um Planstellen ist die klare Ansage, dass es keine politische oder religiöse Rechtfertigung für solche Taten gibt. Es ist ein gutes Zeichen, wenn sich mehr als 130 Imame weigern, die Mörder von London nach muslimischem Ritus zu bestatten.May hatte darauf gehofft, dass ihr die Wähler eher zutrauen, die Brexit-Verhandlungen mit Brüssel zu führen als Corbyn. Der EU-Austritt ist aber durch die Anschläge in den Hintergrund gerückt. Das dürften auch die Liberaldemokraten zu spüren bekommen, die sich als Anti-Brexit-Partei profilieren wollten. Aber May steht im Endspiel. Wenn sie die Wahlen nicht deutlich gewinnt, werden ihre parteiinternen Gegner sie schnell entmachten.